Tschechischer Speckwürstchen-Protektionismus
Vergangene Woche, kurz vor der Walpurgisnacht, in der überall im Lande riesige Feuer entzündet werden, über denen man Speckwürstchen grillt, macht der tschechische Landwirtschaftsminister noch einmal kräftig Werbung für die kleine, dicke, tschechische Wurst mit den weißen Speckplocken darin – den Špekáček. Auf einem Happening in Prag am Rande einer Wein- und Delikatessenmesse ging es um die Wurst. Um jene Wurst, die sogar die Europäische Union beschäftigt hat.
„Schauen Sie sich diese Speckwürstchen an. Manche sind ein bisschen verschrumpelt. Aber das kommt daher, dass sie aus richtigem Fleisch gemacht wurden. Wenn Sie hauptsächlich Soja in der Wurst verarbeiten, dann schrumpelt da nichts. Aber Fleisch enthält eben Wasser und das verdampft. Das Produkt verändert sich also.“
Mit anderen Worten: Verschrumpelt ist also „gut“. Dinge, die so volksnah sind wie eine Wurst, wie der Špekáček also, lösen auch immer wieder heiße Debatten aus. Ähnlich wie das Wetter oder Nachbars Hund. Das weiß auch Landwirtschaftminister Fuksa (ODS), der vergangene Woche vor dem Prager Messegelände die Werbetrommel für diese tschechische Wurst gerührt hat. Rechtzeitig zur Eröffnung der Grillsaison:„Gerade der Špekáček ist ein viel diskutiertes Thema in Bezug auf Qualität, in Bezug auf den Import. Der Špekáček ist einfach eine Ikone des tschechischen Grillens im Sommer.“
Nur leider drängen auch immer mehr Speckwürstchen aus dem Ausland auf den tschechischen Markt. Und die Unterschiede sind groß sein, meint der Landwirtschaftsminister.
„Tschechische Špekáčky von tschechischen Fleischern haben eine äußerst gute Qualität. Gerade die tschechische Norm für diese Würstchen ist wesentlich strenger im Vergleich zu den importierten. Wer also im Garten Špekáčky Grillen will, der sollte sie wirklich bei einem guten Fleischer kaufen, den es in jeder Gemeinde gibt.“
Das stimmt. In nahezu jedem der zahllosen tschechischen Käffer findet man zumindest eines: einen Fleischer. Aber worauf beim Kauf achten? Es ist noch nicht lange her – ein paar Monate – da wurde auf tschechischen Antrag hin, der Špekáček in die europäische Liste der garantiert traditionell hergestellten Spezialitäten aufgenommen und mit einem EU-Logo versehen:„Man sollte zuerst natürlich vom europäischen Zertifikat ausgehen. Aber auch im Geschäft sollte sich der Kunde nicht schämen und fragen, wie viel Fleisch die Speckwürste tatsächlich enthalten. Denn wenn darin nur Spuren von Fleisch enthalten sind, dann ist das irgendein Silicon-Kram. Die tschechischen Kunden sollten verstehen, dass man ohne Fleisch keinen guten Špekáček herstellen kann“, erklärt Minister Fuksa.
Dem traditionellen Rezept nach muss der echte Špekáček mindestens aus 56 Prozent Rind- und Schweinefleisch bestehen und darf kein Mehl, Knochenmehl oder Soja enthalten. Nun ist diese Rezeptur dank der EU-Registrierung europaweit geschützt. Das Problem aber liegt nach Ansicht von Fuksa vielfach bei den Fleischessern selbst:
„Die Menschen achten einfach kaum auf die Zusammensetzung der Wurst, und in den Supermärkten sind die Informationen darüber auch manchmal schwer zu bekommen. Wenn man aber seinen Fleischer danach fragt, dann hat er ein Interesse daran, dass man auch wieder zu ihm kommt und wird objektiv Auskunft geben – im Gegensatz zu irgendeinem anonymen, ahnungslosen Verkäufer in irgendeinem Supermarkt.“
Landwirtschaftminister Fuksa sieht es also als seine Pflicht, den Tschechen mit dem Anlaufen der Grillsaison noch einmal ins Gewissen zu reden:„Waren von schlechter Qualität sind schädlich für die Gesundheit. Die europäischen Normen erlauben den Verkauf solcher Wurstwaren, die man schon eigentlich nicht mehr als Wurst bezeichnen kann. Dass die meisten Leute kaum noch Zeit haben und den Supermarkt vorziehen, das kann ich auch durch meine eigene Familie bestätigen. Ich ermahne manchmal meine Frau, die sich die Arbeit erleichtert und Fleisch und Wurst im Supermarkt kauft. Ich sage ihr dann, nein, nein, nein, ich will die Sachen von unserem Fleischer in der Fußgängerzone von Příbram.“