Tschechisches Fernsehen ohne Generaldirektor

Jiri Balvin, Foto: CTK

Nicht das märchenhafte "Jahr und Tag", sondern ein Jahr und zwei Wochen hat Jiri Balvin auf dem Thron des Generaldirektors des öffentlich-rechtlichen Tschechischen Fernsehens gesessen. Seit Mittwoch ist der Thron frei. Markéta Maurová berichtet.

Jiri Balvin,  Foto: CTK
Zwei Versuche brauchte der Rat des Tschechischen Fernsehens, um den Intendanten abzuberufen. Am 18. November fehlte dafür im 15köpfigen Gremium eine einzige Stimme: am 27. November wurde Balvin mit Hilfe von 10 Stimmen abberufen. Der Rat hat festgestellt, dass Balvin gegen das Gesetz verstoßen hat: Er ließ Kameras zur Beobachtung der Fernsehmitarbeiter im Gebäude des Senders installieren. Außerdem wurden organisatorische Mängel, Fehler beim Wirtschaften sowie die Unfähigkeit kritisiert, den Sender zu restrukturieren.

Der Ratsvorsitzende Jan Mrzena fasste die Gründe für die Abberufung für den Tschechischen Rundfunk folgendermaßen zusammen:

"Der Fernsehrat hat dem Generaldirektor des Tschechischen Fernsehens lange Zeit nichttransparentes Wirtschaften vorgeworfen. Kritisiert wurden auch einige Eingriffe in das Programmschema, die unserer Meinung nach die Erfüllung des öffentlichen Dienstes im Bereich der Fernsehsendungen beschränken, sowie weitere nichttransparente Schritte im Bereich der Personalführung."

Jiri Balvin weist die Vorwürfe zurück.

"Wenn der Vorsitzende als Gründe anführt, dass ich den Haushaltsentwurf mit Verspätung vorgelegt habe oder dass ich mein Projekt nicht realisiert habe, muss ich wirklich lachen, denn der Mann weiß überhaupt nicht, wovon er spricht. Er hat nie in seinem Leben etwas geleitet und weiß nicht, wie groß diese Organisation ist. Mein Projekt war auf 6 Jahre und nicht auf 9 Monate konzipiert."

Der öffentlich-rechtliche Sender wird nun vorübergehend vom bisherigen Wirtschaftsdirektor Petr Klimes geleitet. Dem Gesetz zufolge muss innerhalb von drei Monaten ein neuer Intendant gewählt werden.

Jiri Balvin war, im Februar zunächst als Übergangsintendant und seit Oktober 2001 als Generaldirektor, Nachfolger des umstrittenen Direktors Jiri Hodac geworden. Diesem hatten die Fernsehmitarbeiter parteipolitische Befangenheit vorgeworfen und mit einer 51-tägigen Besetzung des Hauptstadtstudios dessen Rücktritt erreicht.