Tschechisches Rugby feiert 90-jähriges Bestehen mit Spiel gegen Barbarians

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Rugby, das ist ein wahrer Sport für Männer. Wäre diese These durchweg wahr, hätten die tschechischen Männer nichts zu lachen. Denn in diesem Sport spielen sie international nur eine ganz bescheidene Rolle. Dennoch hat der tschechische Rugby-Sport einen Grund zum Feiern – er begeht dieser Tage seinen 90. Geburtstag. Und er hat sich dazu den prominentesten Gast eingeladen, den man kriegen kann: die Barbarians.

3:94 gegen das Super-Rugby-Team Voratas vor elf Jahren, 3:98 gegen Georgien vor neun Jahren. Schließt man von diesen Ergebnissen der tschechischen Rugby-Nationalmannschaft auf ihr Spiel am 8. November dieses Jahres, dann müsste einem angst und bange werden. Denn der Gegner im Prager Speedway-Stadion Markéta ist das berühmte Team des Barbarian FC. Der 1890 gegründete Verein setzt sich zusammen aus einer Auswahl der weltbesten Rugbyspieler. Jan Macháček hat als bisher einziger Tscheche 1998 zwei Spiele in diesem Team bestritten. Auch deshalb ist der 44-Jährige vor der Partie entspannt und gelassen:

Jan Macháček  (Foto: Tschechisches Fernsehen)
„Hier geht es weder um das Ergebnis noch um Punkte für einen Wettbewerb. Vielmehr sollen die Zuschauer in den Genuss kommen, das beste Rugby sehen zu können, was dieser Sport derzeit zu bieten hat. Man kann die Barbarians vergleichen mit den Harlem Globetrotters, der weltbekannten Basketball-Showtruppe. Das All-Star-Team zeigt einfach Rugby vom Feinsten.“

Eine Auswahl der weltbesten Rugbyspieler zu Gast in Prag, und als Gegner hat sie nur eine Mannschaft, die noch keine WM gespielt hat und selbst in Europa stets nur unter ferner liefen landete. Wie wurde dieser Vergleich überhaupt möglich? Jan Macháček:

„Das ist der große Verdienst mehrerer Vertreter des tschechischen Rugby-Verbandes, allen voran von Vorstandsmitglied Martin Charvát. Das Team um ihn herum hat es verstanden, ein geeignetes Datum zu finden und die Barbarians so auch nach Tschechien einzuladen. Ich kann mir keine bessere Jubiläumsfeier vorstellen als den Auftritt der Barbarians in Prag.“

Tschechische Rugbyspieler 1927
Die ersten Aktivitäten tschechischer Rugbyspieler gehen schon auf das Frühjahr 1926 zurück. Das erste aktenkundige Spiel zweier tschechischer Teams fand am 9. Mai vor 90 Jahren in Brno / Brünn statt: Der SK Moravská Slavia besiegte den AFK Žižka Brno mit 31:17. Und nur kurze Zeit später, am 2. Juni 1926, wurde in der mährischen Messestadt bereits das erste internationale Spiel ausgetragen – Slavia Brno und die Wiener Amateure trennten sich 12:12. Doch wie ist es heute hierzulande um den Rugbysport bestellt? Jan Macháček:

Foto: Marie-Lan Nguyen,  CC BY 2.5
„Rugby führte hierzulande stets ein Aschenputtel-Dasein und stand im Schatten anderer Mannschaftssportarten. In den letzten Jahren verzeichnen wir indes einen kräftigen Zulauf von Kindern und Jugendlichen. Und das nicht nur bei den Jungs, sondern auch bei den Mädchen. Einen großen Beitrag dazu haben die Fernsehübertragungen von der vorjährigen WM in England geleistet. Zudem ist Rugby nun wieder olympischer Sport, und auch deshalb ist er in aller Munde. An den Schulen gewinnt er an Popularität, der Schub ist unübersehbar. In Tschechien gibt es mittlerweile 30 bis 35 Clubs, und ihre Zahl wächst ständig.“

Foto: Radio Prague International
Und diese Entwicklung wollen die weltbesten Rugbyspieler, die für ihren Prager Auftritt keine Gage verlangen, offenbar noch fördern. Denn im Rahmen der Begegnung werden sie dem tschechischen Rugby-Verband wohl sogar noch einen Scheck zur Förderung des Nachwuchses überreichen, verriet Macháček im Tschechischen Fernsehen (ČT). Das sei eine völlig andere Herangehensweise als im Fußball, sagt der ehemalige Rugby-Profi. Die Fußballer würden gern die Rolle eines Gentlemans für sich in Anspruch nehmen, das Rugby aber werde von echten Gentlemans gespielt. Doch nicht nur deshalb sei der Rugbysport inzwischen weltweit auf dem Vormarsch, meint Macháček:

„Rugby setzt grundsätzlich auf fünf Werte. Das sind Respekt, Solidarität, Mut, Begeisterung und Leidenschaft. Sie sind de facto in der DNA dieses Sports eingeschrieben. Viele Eltern haben daran Gefallen gefunden und erkannt, dass ihre Kinder von den Trainern richtig erzogen und auf einen guten Weg gebracht werden. Darum gewinnt Rugby auch immer mehr an Popularität.“

Autor: Lothar Martin
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