Übergangsregierung wegen Antikrisenstrategie vor Zerreißprobe

Jan Fischer inmitten (Foto: ČTK)

Ende Mai finden in Tschechien Wahlen statt. Doch eigentlich befindet sich Tschechien bereits seit fast einem Jahr – seit dem Sturz der Regierung Topolánek – im Dauerwahlkampf. Mit immer neuen Strategiepapieren werben die Parteien um Vertrauen für ihren Weg aus der Krise. Immer wieder überbieten sie sich, wer früher den Euro im Land einführen wird. Mit beiden Themen beschäftigte sich am Montag auch die parteilose Übergangsregierung. Reibungslos liefen jedoch auch ihre Verhandlungen nicht ab.

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Die ordentliche Regierungssitzung sei außerordentlich lang gewesen, bat Premier Jan Fischer die wartenden Journalisten um Verzeihung. In der anschließenden Pressekonferenz verwies Fischer auf anstrengende Verhandlungen, die eben ihre Zeit in Anspruch genommen hätten. Aber davon hat die Regierung offenbar genug, zumindest was die Einführung des Euro in Tschechien angeht. Erst im Jahr 2013 oder 2014 strebe man die erneute Einhaltung der Maastricht-Kritierien an, die etwa die Begrenzung des Staatsdefizits auf unter drei Prozent des Bruttoinlandsproduktes vorsehen. Frühestens 2016 könnte Tschechien demnach die Gemeinschaftswährung haben, wenn es nach dem am Montag beschlossenen Konvergenzprogramm geht.

Jan Fischer inmitten  (Foto: ČTK)
„Das Programm soll vor allem den Willen ausdrücken, das Staatsdefizit zu begrenzen. Wie dieses Ziel erreicht werden soll, hängt vom Ausgang der Wahlen im Mai ab“, schränkte Fischer den Wert des Dokumentes ein.

Das Konvergenzprogramm hat das Kabinett zwar einstimmig beschlossen. Doch gerade der mit ihm mittelbar zusammenhängende Weg aus der Wirtschaftskrise droht zur Zerreißprobe für die Übergangsregierung zu werden. Bei der Abstimmung über diese so genannte Exit-Strategie setzte sich das Kabinett über den Widerstand der beiden von den Grünen nominierten Minister hinweg. Konkret geht es um den geplanten Bau zweier weitere Blöcke des Atomkraftwerks Temelín, die Modernisierung des Kohlekraftwerks Prunéřov, und die Errichtung von Stauwehren an der Elbe. Damit will man Arbeitsplätze schaffen, und Premier Fischer gab sich hart:

Grünen-Chef Ondřej Liška  (Foto: ČTK)
„Ich halte es für unmöglich, erneut gerade über diese Punkte zu verhandeln, die im starken Interesse der Sozialpartner liegen. Es ist nicht ausgeschlossen, dass die Regierungsentscheidung politische Konsequenzen nach sich ziehen wird, aber darauf werde ich erst reagieren, wenn es dazu kommt.“

Diese Konsequenz könnte die Abberufung der beiden von den Grünen nominierten Minister sein, droht Grünen-Chef Ondřej Liška. Er hält die Billigung der genannten Maßnahmen für einen Sieg der Industrielobby, was Premier Fischer scharf zurückwies. Über ihr weiteres Vorgehen wollen die Grünen bis Ende der Woche entscheiden.