Umfrage: Zwei Drittel sagen Ja zur Todesstrafe

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Vor fast genau 15 Jahren wurde vom damals noch tschechoslowakischen Parlament die Todesstrafe abgeschafft. Nun zeigt eine aktuelle Umfrage: Zwei Drittel der Tschechen wären dafür, sie wieder einzuführen. Gerald Schubert berichtet:

Es sind vor allem spektakuläre Mordfälle mit entsprechend großer Medienpräsenz, die den Ruf nach Wiedereinführung der Todesstrafe regelmäßig lauter werden lassen. Fälle wie der rund um das Ehepaar Stodola. Die beiden hatten über Jahre hinweg alte Menschen in ihren Häusern überfallen, mit Schlägen zur Herausgabe von Bargeld gezwungen und anschließend umgebracht. Im März wurden sie wegen achtfachen Mordes zu lebenslanger Haft verurteilt.

Vor etwas mehr als 15 Jahren hätte auf die Stodolas vermutlich noch der Galgen gewartet. Fünf Monate nach dem Sturz des kommunistischen Regimes, genau am 2. Mai 1990, wurde die Todesstrafe hierzulande jedoch abgeschafft. Ein Schritt, dem nach wie vor 66 Prozent der Tschechinnen und Tschechen nicht zustimmen. Vor allem Menschen, die keiner Religionsgemeinschaft angehören, und Menschen mit niedriger Schulbildung gehören zu den Befürwortern der Todesstrafe, sagt Jan Cervenka vom Meinungsforschungsinstitut CVVM.

"Nach politischen Präferenzen gegliedert lässt sich außerdem sagen: Die meisten Befürworter der Todesstrafe finden sich unter den Wählern der Sozialdemokraten und der Kommunisten. Umgekehrt gibt es eine besonders niedrige Unterstützung der Todesstrafe unter Studenten, Hochschulabsolventen, gläubigen Christen und Anhängern der Christdemokratischen Partei sowie der Demokratischen Bürgerpartei", sagt Cervenka.

Volkes Stimme steht dabei aber in krassem Gegensatz zur Ansicht von Fachleuten. Und auch für die meisten politischen Entscheidungsträger kommt eine Wiedereinführung der Todesstrafe nicht in Frage. Die Gründe liegen auf der Hand: Eine abschreckende Wirkung von Todesurteilen ist nicht bewiesen, Justizirrtümer sind niemals völlig ausgeschlossen, und außerdem hat Tschechien auch in internationalen Verträgen auf die Todesstrafe verzichtet.

Zuvor, von 1948 bis 1990, waren in der kommunistischen Tschechoslowakei 469 Menschen hingerichtet worden. Etwa 230 Todesurteile wurden gegen politische Häftlinge vollstreckt, der Rest entfiel zum Großteil auf verurteilte Mörder. Am 8. Juni 1989 gab es hierzulande die letzte Exekution. Einem weiteren Delinquenten, dessen Hinrichtung bereits auf den 27. Dezember angesetzt war, rettete die Samtene Revolution das Leben. Der Doppelmörder verbüßt nun eine lebenslange Haftstrafe.

Die Zahl der Menschen, die die Todesstrafe befürworten, geht seither kontinuierlich zurück. Dass trotzdem immer noch zwei Drittel der Bevölkerung das Prinzip "Auge um Auge, Zahn um Zahn" gutheißen, lässt die Entscheidungsträger aber weitgehend kalt. Es sei eben auch Aufgabe von Politikern, gerade in so heiklen Bereichen wie der Rechtssprechung ungezügelten Emotionen entgegenzutreten, heißt es. Der ehemalige Justizminister Pavel Rychetský, derzeit Präsident des Verfassungsgerichtes, hat zur Illustration ein schönes Beispiel parat: Für einen der acht Morde des Ehepaares Stodola wurde zunächst ein Unschuldiger verurteilt.