Unerfüllter Kinderwunsch vermutlich Motiv für Entführung des Babys aus Trmice

Foto: Radio Krušnohor

Über die Entführung der kleinen Michala, dem jetzt sechs Wochen alten Baby aus Trmice bei Ústí nad Labem, haben wir bereits mehrfach berichtet. Unklar war bisher das Motiv der beiden Verdächtigen für ihre Tat. Am Dienstag hat die tschechische Polizei auf einer Pressekonferenz in der Kreisstadt Ústí / Aussig dazu weitere Details bekanntgegeben.

Michala Janová  (Mitte). Foto: Radio Krušnohor
Die kleine Michala sollte als Deutsche aufwachsen. So war jedenfalls die Vorstellung ihrer Entführer, einem älteren Paar aus Deutschland, das sich – beide sind um die 50 – offenbar einen lange gehegten Kinderwunsch erfüllen wollte. Das bestätigte am Dienstag auch Kriminalpolizist Václav Kabátník:

„Das Paar hat seinen Verwandten vorgetäuscht, dass die Frau schwanger ist.“

Später habe die Deutsche ihrer Familie gegenüber behauptet, die Kleine im nordböhmischen Ústí nad Labem entbunden zu haben, ergänzte Kabátník.

Václav Kabátník  (Foto: ČTK)
Den beiden Entführern kam vermutlich auch die Tatsache entgegen, dass die Kindesmutter am Tag der Entführung auf dem Nachhauseweg einen Fehler machte. Vor dem Supermarkt, wo die Entführer das Baby erspäht hatten, stieg sie in den falschen Bus ein. Statt vor der eigenen Wohnung musste sie daher rund einen Kilometer entfernt aussteigen. Schon während der Busfahrt habe sie bemerkt, wie das spätere Fluchtauto dem Bus gefolgt sei, erzählt Michalas Großvater, Miroslav Gombár:

„Sie sagte mir, dass das Auto gedreht habe und dann dem Bus hinterher gefahren sei. Und es sei auf die Flucht mit dem Kind vorbereitet gewesen.“

Vladimír Danyluk  (Foto: ČTK)
Zeugenaussagen zufolge habe der männliche Tatverdächtige die Kleine aus dem Kinderwagen der Mutter gerissen und sei mit dem Baby sofort zum Auto geflüchtet. Das wird vom Chef der Polizei-Kreisverwaltung in Ústí nad Labem, Vladimír Danyluk, bestätigt:

„Auf den Kamerabildern, die wir haben, ist zu sehen, dass sich die Täter tatsächlich zum Kinderwagen der Mutter hinbewegt haben.“

Die kleine Michala wurde danach bis in das 600 Kilometer entfernte Koblenz entführt. In einer Wohnung in Neuwied hat sie die deutsche Polizei dann gefunden, vor einer Woche wurde sie wieder nach Hause gebracht. Ihre leibliche Mutter aber zeigt sich nicht mehr vor einer Fernsehkamera. Schon kurz nach dem Bekanntwerden der Entführung hatte sie per Telefon und Internet Drohungen erhalten. Sie wurde beschuldigt, selbst hinter dem Verschwinden ihrer Tochter zu stehen. Die Gerüchte gingen soweit, dass sogar die deutsche Bild-Zeitung schrieb, das Baby sollte gegen eine Wohnung in Deutschland eingetauscht werden. Polizeichef Danyluk aber dementiert diesen Vorwurf:

Entführer
„Es gibt keinerlei Indizien darüber, dass die Familie des Kindes in die Entführung irgendwie involviert war.“

Wegen der dreisten Entführung warten nun die beiden Tatverdächtigen aus Deutschland auf ihre Strafe. Im Gegensatz zu Tschechien, wo eine Kindesentführung mit bis zu acht Jahren Haft geahndet wird, wird das Strafmaß in Deutschland wohl um ein Drittel niedriger liegen. Bei der kleinen Michala hingegen scheint die Entführung keine Spuren hinterlassen zu haben:

„Sie ist wieder voll in ihrem Element und will immer nur essen, essen und nochmals essen“, sagte ihr Großvater.