Ungewöhnliche Nutzung des ehemaligen Kasernengeländes in Milovice
Nach der Samtenen Revolution und dem Ende des Kalten Krieges zogen die russischen Truppen aus der damaligen Tschechoslowakei ab. Die mittelböhmische Kleinstadt Milovice war bis dahin der Standort einer ihrer größten Kasernen. Was heute in dieser ehemaligen Kaserne vor sich geht, erzählt ihnen Chris Schmelzer.
Eine Gruppe von Liebhabern alter Militärfahrzeuge hat sich mit ihrem umfangreichen Inventar an, inzwischen natürlich waffenlosen Ketten- und Radfahrzeugen auf dem Kasernengelände niedergelassen. Dies klingt erst einmal makaber, relativiert sich jedoch wieder vor dem Hintergrund, dass in Tschechien das Nachspielen von kriegsgeschichtlichen, militaristischen Szenarien nicht ganz so verpönt ist wie in Deutschland, sondern ein verbreitetes Hobby. Doch einen Panzer kauft man nicht im Supermarkt um die Ecke. Wie kommt man also an solch ein Gefährt? Bhous, einer der Mitbetreiber erklärt:
"Heute braucht die tschechische Arme nicht mehr so viel Ausrüstung, denn auf Grundlage der verschiedenen Internationalen Verträge ist die Menge der Militärausrüstung streng limitiert und für das Verteidigungsministerium ist es billiger überflüssige Fahrzeuge zu verkaufen als sie zu likvidieren."Inzwischen hat auch eine deutsche Event-Agentur Wind von der Sammlung der tschechischen Panzerliebhaber bekommen, und bietet, zusammen mit den tschechischen Besitzern, interessierten Touristen Panzer fahren in Milovice als Action-Event an. Trotzdem stellt sich natürlich die Frage ob dieses offensichtliche zur Schau stellen der militaristischen Neigung nicht bestimmte extremistische Randgruppen anzieht.
"Ich meine, dass wir keine Probleme damit haben. Denn wenn solche Leute überhaupt kommen, dann kommen sie als Zuschauer. Sie sind wohl eine Minderheit, denn ich habe hier wirklich noch nie so jemanden erlebt, weder von rechter noch von linker Seite."
Doch obwohl die Betreiber trotz des kleinen Zustroms an militaristisch und sportlich Interessierten Touristen nur wenig Geld mit ihrem Hobby verdienen, und jeder von ihnen zusätzlich einem normalen Beruf nachgeht, hat sich im Laufe der Jahre eine weitere Einnahmequelle aufgetan. Denn inzwischen kommen hin und wieder Filmteams für Dreharbeiten nach Milovice um hier vor authentischer Kulisse zu filmen:"Welche Filme? Woran ich mich gut erinnern kann sind die amerikanischen Filme" Harrisons Flowers" und "Hart´s War". Diese Filme wurden direkt hier gedreht, und an dieser Stelle, wo wir uns gerade befinden standen bizarrer weise die Kulissen eines Konzentrationslagers."
Doch wie kommt man eigentlich dazu sich Hobbymäßig mit alten Militärfahrzeugen zu befassen?
"Damit muss man wahrscheinlich geboren werden. Das ist so, wie wenn jemand mit Beinen zum Fußballspielen auf die Welt kommt - der spielt dann eben Fußball. Genauso basteln wir an Motoren herum. Wir lieben es, wenn diese schweren Ungetüme, diese Blechberge, die sich zuerst nicht bewegen und recht traurig aussehen, schließlich in Fahrt kommen."
Foto: Thomas Kirschner