Uni-Skandal hat Pilsens guten Ruf befleckt

Die Universitäts- und Bistumsstadt Pilsen ist ein sehr beschaulicher Fleck. Hier im Pilsener Becken fließen gleich vier Flüsse zusammen. Hier fließen und flossen auch Bier und Stahl in großer Menge, denn weltweit bekannt geworden ist die viertgrößte Stadt Tschechiens durch ihr Pilsener Bier und durch die Škoda-Werke. Weniger bekannt war bisher, dass hier mitunter auch reichlich Geld geflossen ist, und das über ziemlich dunkle und tief verschmutzte Kanäle. Den Sumpf der offensichtlichen Korruption, der sich in nicht geringem Ausmaß über die rechtswissenschaftliche Fakultät der Westböhmischen Universität ausgebreitet hat, sollen nun Polizei und Staatsanwaltschaft gemeinsam trocken legen.

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Die Rede ist von dem beispiellosen Betrugsskandal, mit dem die Uni jetzt negative Schlagzeilen macht. An der Pilsener Fakultät für Jura sollen Dutzende, zum Teil prominente Absolventen in ungewöhnlich kurzer Zeit ihre Abschlüsse erhalten haben; außerdem sind in der Fakultätsbibliothek zahlreiche Diplomarbeiten und Dissertationen unauffindbar. Der bisherige Dekan und zwei Prodekane sehen sich zudem mit schwerwiegenden Plagiatsvorwürfen konfrontiert und sind vor einigen Tagen zurückgetreten.

Die Aufzählung der Betrugsvorwürfe könnte ohne weiteres fortgesetzt werden, doch sie sind ohnehin nur die Spitze des Eisbergs, der alle studienüblichen Praktiken in Pilsen seit Monaten erstarren ließ. Bei der Erteilung akademischer Titel an bedeutende Persönlichkeiten im Eilverfahren handele es sich nämlich nicht um die Anhäufung gewöhnlicher Bestechungen, sondern um das Ergebnis der organisierten Kriminalität. Das jedenfalls behauptet Vladimíra Dvořáková, die Leiterin der Akkreditierungskommission des Bildungsministeriums, die die Sache derzeit untersucht. Ihrer Meinung nach stecke die Mafia hinter dem ganzen Szenario. Nach einem neuen Gesetz müssen Politiker, Staatsbeamte, hochrangige Zöllner, Polizisten und Angehörige der Geheimdienste jetzt einen Hochschulabschluss nachweisen, um auf ihren Posten bleiben zu können. Den erhöhten Bedarf der genannten Persönlichkeiten und Staatsdiener an höherwertiger Aus- und Weiterbildung habe dann die Mafia genutzt, um diese

In einem Zeitungsinterview sprach Vladimíra Dvořáková letztlich davon, dass die kriminellen Machenschaften an der Universität in Pilsen die Sicherheit des Landes gefährdet hätten. Darum ist zu hoffen, dass nicht korrumpierte Kriminalisten und Staatsanwälte den Fall jetzt so aufrollen, dass der ganze Schmutz an die Oberfläche kommt. Nur dann besteht die Chance, auch den Drahtziehern der Uni-Affäre das Handwerk zu legen. Und auch die Stadt Pilsen würde nicht mehr in dem höchst zweifelhaften Ruf dastehen, der sie jetzt ereilt hat.