Unser Hospitant Hermann: Tschechisch lernen dank Giraffen

Hermann Zinggrebe

Wenn wir Ausländern begegnen, die Tschechisch lernen und sich besonders für Tschechien interessieren, fragen wir immer wieder mit Spannung nach ihrer Motivation. So war es auch bei Hermann Zinggrebe, der die erste Dezember-Woche als Gast und freier Mitarbeiter bei Radio Prag International verbracht hat.

Wir haben kurz vor Jahresende Verstärkung im Redaktionsteam bekommen. Ein Kollege vom Mitteldeutschen Rundfunk (MDR) verbringt eine Woche mit uns. Hermann, kannst du dich bitte vorstellen?

„Sehr gerne. Mein Name ist Hermann Zinggrebe. Ich arbeite beim Mitteldeutschen Rundfunk in Erfurt und arbeite dort im Archiv.“

Wie war dein Weg zu Radio Prag International?

Tschechischer Rundfunk | Foto: Lenka Žižková,  Radio Prague International

„Das war eine ganz lustige Geschichte. Letztes Jahr im November besuchte ich hier in Prag einen Sprachkurs. Am Nachmittag fuhr ich mit der Metro, und auf dem Fußboden sah ich etwas liegen. Als ich es aufhob, sah ich, dass es ein Dienstausweis vom Český Rozhlas (Tschechischer Rundfunk, Anm. d. Red.) war. Und da dachte ich mir, den bringe ich persönlich hierher, und habe ihn dann an der Rezeption abgegeben. Man freute sich sehr darüber, und ich sagte, dass ich in Deutschland auch beim Rundfunk arbeite und mir gern einmal das Funkhaus anschauen würde. Also hat man mich mit Till Janzer verbunden, dem Redaktionsleiter der deutschen Redaktion. Und da wurde mir auch gleich am nächsten Tag ein Besuchstermin gegeben. Ich durfte das Funkhaus besichtigen und wurde sehr freundlich empfangen. Am Ende hat mir Till Janzer angeboten, ich könne hier ein Praktikum absolvieren.“

Ein verlorener Radio-Dienstausweis

Das Praktikum machst du gerade jetzt, die einwöchige Zeit ist fast zu Ende. Du kennst den MDR und jetzt auch den Tschechischen Rundfunk beziehungsweise Radio Prag International ein bisschen von innen. Kannst du die beiden Radiosender vergleichen?

Foto: Khalil Baalbaki,  Tschechischer Rundfunk

„Mir ist aufgefallen, dass hier viel mehr mit Technikern gearbeitet wird. Bei uns sind die Redakteure oder Reporter auf sich selbst angewiesen und müssen ihre Beiträge selbst schneiden und anfertigen. Ich finde es ganz angenehm, dass hier mehr mit Technikern gearbeitet und auch stärker auf die Qualität der Beiträge geachtet wird.“

Du hast dich auch an der Vorbereitung unserer Sendungen beteiligt und nicht nur unsere Arbeit beobachtet. Woran hast du gearbeitet?

„Ich habe einen Beitrag über den Prager Weihnachtsmarkt erstellt. Ich habe dazu viele O-Töne eingesammelt und dabei versucht, auch möglichst umfassend Töne zu bekommen, also von verschiedenen Leuten: von Touristen, Einheimischen, Älteren und Jüngeren. Da war es zunächst erstmal nicht so leicht, Einheimische zu finden, die mir auf Deutsch antworten. Ich fand dies aber halt wichtig, um so einen umfassenden Einblick zu geben. Es hat mir auch viel Freude bereitet, mit dem Aufnahmegerät rauszugehen und die Leute zu befragen. Ich habe noch nie vorher solche Umfragen gemacht. Und es war für mich eine sehr schöne Gelegenheit, in den Redaktionsalltag reinzuschauen. In Erfurt archiviere ich ja sonst nur das, was die Kollegen erstellen.“

Du hast am Anfang erwähnt, dass du vor einem Jahr einen Sprachkurs gemacht hast. Wie kam es dazu, dass du dich für Tschechien interessierst? Was steckt dahinter?

„Ich liebe Tschechien. Schon als ich das erste Mal hier war, war ich sofort begeistert von der Mentalität und der Freundlichkeit der Menschen und von dem guten Essen.“

Als Giraffen-Fan im Prager Zoo

Wann war das?

Zoo Prag | Foto: Daniel Ordóñez,  Radio Prague International

„Das erste Mal in Prag war ich noch während meines Studiums. Das war Mitte der 1990er Jahre. Und die Idee, die Sprache zu lernen, kam bei einem Besuch im Zoo. Ich bin ein großer Giraffen-Fan, und in Erfurt haben wir leider keine Giraffen mehr. Ich habe also recherchiert, welcher Zoo in Europa die meisten Giraffen hat. Und da bin ich unter anderem auch auf Prag gekommen und habe dort eine Führung mitgemacht, die natürlich auf Tschechisch war. Ich habe mir gesagt, das nächste Mal möchte ich gerne verstehen, was dort gesagt wird. Und seitdem lerne ich Tschechisch.“

Warst du seitdem wieder im Prager Zoo?

„Ich war seitdem bestimmt achtmal im Prager Zoo. Ich durfte auch die Giraffen dort füttern. Eine Zoo-Kuratorin hatte mich freundlicherweise hinter die Kulissen schauen lassen, und ich durfte auch in die Bereiche, in die sonst nur die Tierpfleger hineinkommen.“

Das ist ein ungewöhnlicher Weg zur tschechischen Sprache. Was ist an den Giraffen eigentlich so interessant?

„Ich finde, Giraffen sind keine gewöhnlichen Tiere. Sie sind Fabelwesen, wie ein Einhorn. Giraffen sind wie aus einer anderen Welt. Sie strahlen Frieden aus. Und für mich persönlich bringen sie Ruhe. Ich genieße es, Giraffen zuzuschauen, wenn sie kauen. Sie sind für mich die faszinierendsten Tiere der Welt.“

Zoo Prag | Foto: Oleksandra Turanova,  Radio Prague International

Wie lange lernst du schon Tschechisch und wie weit fortgeschritten bist du inzwischen?

„Ich lerne seit vier Jahren Tschechisch. Angefangen habe ich in Erfurt an der Volkshochschule. Dann kam die Corona-Zeit, und da habe ich an einem Online-Kurs der Stadt Prag teilgenommen. Und letztes Jahr machte ich einen einwöchigen Intensivkurs hier in Prag.“

Hast du vielleicht ein Lieblingswort im Tschechischen?

„Ja, ich habe mehrere Lieblingswörter. Sehr gut gefällt mir zum Beispiel ‚chlebíček‘, ein Brötchen. Oder ich mag auch 333, „tři sta třicet tři“.

Das ist ein bekannter Zungenbrecher. Hast du einen Rat für Menschen, die auch Tschechisch lernen möchten?

„Ich kann auf jeden Fall empfehlen, Tschechisch zu lernen, weil es nach meinem Geschmack eine der schönsten Sprachen der Welt ist. Es klingt sehr weich und harmonisch. Mein Rat wäre, einfach dranzubleiben. Tschechisch ist eine sehr schwere Sprache, besonders für Deutsche. Es hat sieben Fälle, das Deutsche hat nur vier. Das ist aber nur ein Aspekt. Im Tschechischen gibt es jedes Verb zweimal, einmal perfektiv und einmal imperfektiv. Wenn man die Sprache lernt, sind diese Sachen alle völlig neu. Und mein Rat ist einfach, sich davon nicht abschrecken zu lassen. Ich merke, dass Tschechen sich freuen, wenn Ausländer Tschechisch sprechen.“

Im Tschechischen gibt‘s jedes Verb zweimal

Gibt es vielleicht noch etwas in Tschechien, das dich interessiert, außer dem Prager Zoo? Hast du Radio Prag International schon früher gekannt, den Tschechischen Rundfunk gehört oder tschechische Medien gelesen?

„Radio Prag International habe ich schon vorher gehört, aber die anderen tschechischen Radioprogramme noch nicht. Allerdings es ist tatsächlich so, dass ich zu Hause Radiožurnál von Český rozhlas höre, seitdem ich das Funkhaus besucht habe.“

Also die Inlandsendungen in tschechischer Sprache...

„Richtig. Denn zum einen finde ich, dass die Programme sehr gut gemacht sind. Die Musikauswahl finde ich besser als bei deutschen Programmen. Und zum anderen lerne ich dabei noch etwas Tschechisch, und jeden Tag verstehe ich etwas mehr.“

Dein Aufenthalt bei uns in der Redaktion geht langsam zu Ende. Hast du für die Zukunft vor, deine Kontakte nach Tschechien weiter auszubauen?

„Auf jeden Fall. Ich würde mich freuen, wenn unsere Kontakte erhalten bleiben. Ich würde gerne mal wieder zu Besuch kommen, wenn ich in Prag bin. Und ich habe auch schon den nächsten Intensivsprachkurs gebucht. Der wird nächstes Jahr im Mai stattfinden.“