Vaclav Havel über den Abzug der letzten Sowjetsoldaten vor 10 Jahren
Von Jitka Mladkova.
"Das war selbtsverständlich eine tiefgreifende Verwüstung des bürgerlichen Bewußtseins und des moralischen Klimas im Lande. Die Soldaten musste man zwar nicht besonders zu sehen bekommen, es waren etwa 100 Tausend Mann. Sie waren irgendwo versteckt in mehreren Kasernen. Ab und zu konnte man ihnen begegnen, auf einer Strasse, die sie mit ihren Kampffahrzeugen beschädigten. Also ohne sie gesehen zu haben, hat ihre Präsenz trotzdem die damalige Zeit geprägt. Darin ist auch der große Unterschied zwischen uns und den anderen postkommunistischen Ländern zu sehen, die diese direkte harte Okkupation nicht erlebt haben wie wir, einschließlich einer ganzen Reihe von politischen Folgen, wie z.B. der, dass diese Zeit die peinlichste Garnitur politischer Vertreter in die führenden Positionen katapultiert hat."
Die Forderung der neuen politischen Repräsentation der Tschechoslowakei nach dem Abzug der Besatzungsarmee, mit der sich faktisch die gesamte Bevölkerung identifizierte, wurde gleich nach der Wende 1989 formuliert. Im Gespräch mit dem Tschechischen Rundfunk ging Havel diesbezüglich auch auf die Frage ein, wie schwer es damals gewesen sei, daraus ein bilaterales Thema zu machen und nicht auf einen breiter angelegten Abrüstungsprozess zu warten:
"Ich glaube, womit wir damals besonders zu kämpfen hatten, war nicht das Prinzip selbst, dass sie abziehen sollen. Das hat Gorbatschov anerkannt, dass sie hier in der neuen Situation nicht zu suchen haben. Aber wir waren mit Tausenden von Einwänden konfrontiert, wie schwer es sei, wie lange es dauern müsse, und dass die Soldaten keine Wohnmöglichkeiten zu Hause haben usw. Ständig haben wir um den Termin gekämpft. Es war die Tendenz da, alles hinauszuzögern, sich auf dies und jenes auszureden. So sehe ich das zumindest heute, mit dem Zeitabstand."