Veränderungen ab 2021: Geringere Einkommensteuer – Arbeitslosigkeit steigt
So wie immer zum 1. Januar sind auch diesmal in Tschechien einige gesetzliche Änderungen in Kraft getreten. Die markanteste davon ist die Abschaffung des sogenannten Superbruttolohns.
Am Freitag wurde es Gewissheit: Mit dem Neujahrstag wurde die umfangreichste Steuerkürzung seit 2008 vollzogen. Sie basiert auf einer einfacheren Berechnung des Bruttolohns, indem der vorherige Superbruttolohn als Grundlage dazu abgeschafft wurde. Dadurch werden insgesamt rund 4,5 Millionen Beschäftigte an jedem Lohntag mehr Geld auf ihrem Konto haben als vorher. Finanzministerin Alena Schillerová (parteilos):
„Es sind mehrere Tausend Kronen mehr für jeden Arbeitnehmer. Das stärkt ihre Kaufkraft, oder aber sie können mehr in ihre Altersvorsorge investieren. Auf jeden Fall ist es eine große Unterstützung für die Wirtschaft. Denn die Löhne müssen dafür nicht steigen. Im öffentlichen Sektor beispielsweise haben wir die Gehälter eingefroren. Wir rechnen hier mit keinem Zuwachs im Staatshaushalt für 2021.“
Nach Meinung von Schillerová entlastet diese Steuermaßnahme also auch alle Unternehmen, da sie trotz anhaltender Inflation die Löhne ihrer Beschäftigten nicht unbedingt erhöhen müssen. Der Steuererlass macht sich deutlich bemerkbar: Ein Arbeitnehmer mit einem Bruttolohn von etwa 30.000 Kronen (1140 Euro) bekommt beispielsweise rund 1800 Kronen (68 Euro) netto mehr im Monat als vorher. Premier Andrej Babiš (Partei Ano):
„Die Arbeitnehmer erhalten im Februar um sieben Prozent mehr Lohn ausgezahlt. Das ist der Verdienst für den Monat Januar.“
Wegen dieses Steuerpakets entgehen dem Staatshaushalt im diesem Jahr indes knapp 100 Milliarden Kronen (3,8 Milliarden Euro) an Einnahmen. Das wiederum kritisiert ein Teil der parlamentarischen Opposition. Der Abgeordnete Mikuláš Ferjenčík von den Piraten:
„Uns erscheint es ungeheuer dumm, die Steuern auf der Basis von Schulden zu senken. Am Ende müssen für diese Geldleihe auch noch Zinsen gezahlt werden.“
Etwas anders wird die Neuerung von den Bürgerdemokraten gesehen. Ihr Fraktionsvorsitzender ist Zbyněk Stanjura:
„Die Mehrzahl der Firmen steckt in einer schwierigen wirtschaftlichen Lage. Wenn sie die Arbeitsplätze ihrer Beschäftigten erhalten können, weil sie ihnen ohne eigenes Zutun einen höheren Nettolohn auszuzahlen in der Lage sind, dann ist das ein Schritt in die richtige Richtung.“
Neben der Senkung der Einkommenssteuer ist der zweitgrößte Posten in dem neuen Steuerpaket die schnellere Möglichkeit von Abschreibungen in den Firmen. So können Autos und Maschinen, die 2020 und 2021 erworben werden, binnen zwei anstatt wie bisher fünf Jahren abgeschrieben werden – und Computer sogar innerhalb eines Jahres. Das schlägt im öffentlichen Haushalt mit einem Jahresverlust von über elf Milliarden Kronen (400 Millionen Euro) zu Buche. Zudem wird die Verbrauchersteuer für den Dieselkraftstoff um eine Krone abgesenkt. Demgegenüber steigt die Tabaksteuer, das heißt, hierzulande wird eine Zigarettenpackung ab Februar um acht Kronen (etwa 30 Euro-Cent) teurer.
Mit Beginn des neuen Jahres steigen in Tschechien zudem die Altersrenten, und zwar um durchschnittlich 839 Kronen (32 Euro). Sie liegen damit im Schnitt bei über 15.000 Kronen, das entspricht in etwa 570 Euro.
Weniger erfreulich ist dagegen die Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt, denn die Zahl der Menschen ohne Beschäftigung wird den Experten zufolge in diesem Jahr zunehmen. Das ist eine direkte Folge der Coronavirus-Pandemie, die mehrere wirtschaftliche Bereiche für Wochen oder gar Monate lahmgelegt hat. Ganz besonders davon betroffen ist das Hotel- und Gastwesen. Josef Krýsl, Inhaber der Beer Factory in Prag, nennt den wesentlichen Grund dafür:
„Viele Leute wollen seit der zweiten Schließungswelle nicht mehr in der Gastronomie arbeiten. Denn sie halten sie mittlerweile für eine unsichere Branche.“
Bis zum Jahresende 2020 haben bereits mehrere Hundert Beschäftigte in dieser Branche ihre Arbeit verlassen, und weitere werden folgen. Jiří Halbrštát ist Marketingdirektor der Firma Manpower:
„Die Pandemie wird sich im ersten Quartal weiter auf die Gastronomie und das Hotelwesen niederschlagen. 28 Prozent der Arbeitgeber in diesen Branchen haben uns gegenüber erklärt, dass sie Entlassungen planen. In der Produktion können wir indes einen Stopp beim Arbeitsplatzabbau feststellen.“
In einigen Betrieben werden sogar schon wieder neue Arbeitskräfte eingestellt, zum Beispiel in der Autoindustrie. Während das Finanzministerium jedoch im Jahr von einer Arbeitslosenquote von 3,5 Prozent ausgeht, rechnen Experten mit einem Anstieg auf rund sechs Prozent.