Verfolgte Persönlichkeiten der Kultur geehrt
In Prag wurden Kulturschaffende ausgezeichnet, die während Nationalsozialismus und Kommunismus verfolgt wurden.
Mit Chorgesang wurde der feierliche Abend eingeleitet. Zum bereits vierten Mal wurden am Sonntag Künstler oder in der Kultur engagierte Menschen zur Dame oder zum Ritter der tschechischen Kultur geschlagen. Initiator der Auszeichnungen ist der ehemalige Kulturminister Daniel Herman. Er saß diesmal im Publikum. Den Titel hat in diesem Jahr nämlich sein Nachfolger verliehen, der geschäftsführende Kulturminister Ilja Šmíd.
„Es freut mich, Menschen auszeichnen zu können, die sich der totalitären Herrschaft nicht gebeugt haben. Ganz im Unterschied zur Mehrheit der Bevölkerung damals. Sie sind Vorbilder für uns und für unsere Kinder. Sie haben bewiesen, dass es möglich ist, die Moral zu bewahren.“
Die Preisträger wurden jeweils in einem kurzen Dokumentarfilm vorgestellt. Einige der Persönlichkeiten erhielten die Auszeichnung posthum, darunter der Dichter und Graphiker Bohuslav Reynek oder die Schauspielerin Anna Letenská. Diese wurde am 24. Oktober 1942 im KZ Mauthausen ermordet. Die Auszeichnung übernahm symbolisch Theaterdirektor Tomáš Töpfer. Denn Letenská trat auch im Theater in den Weinbergen auf.„Wenn man heutzutage auf der Straße eine Petition unterschreibt, ist das eine Sache von 30 Sekunden. Damals haben Menschen aber ihre Haltung teuer bezahlen mussten, oft auch mit ihrem Leben.“
Ausgezeichnet wurde auch der Schriftsteller, Musiker und Journalist Jáchym Topol. Als Sohn eines regimekritischen Dramatikers durfte er während des Kommunismus nicht studieren. Der Charta 77-Unterzeichner Topol war eine führende Persönlichkeit des sogenannten Underground. Seine Romane wurden unter anderem ins Deutsche übersetzt. Jáchym Topol würdigte nach der Preisverleihung den Mut der Veranstalter. Er sei davon überzeugt, dass die Literatur in Tschechien eher einen plebejischen Anhauch habe und keine moralische Kategorie sei, so der Autor:
„Für mich waren Damen und Ritter der Kultur oft Menschen, die gerade nicht in noblen Bedingungen lebten. Ich würde Jan Zahradníček, Dagmar Šimková oder Ivan Jirous nennen. Das waren wirkliche Ritter, die die Kultur in sich getragen haben, ohne Rücksicht auf Politik oder auf Pathos.“Der Titel des Ritters der tschechischen Kultur wurde auch dem Prager Bischof Václav Malý verliehen. Malý war Sprecher der Charta77 und wurde während des kommunistischen Regimes hart verfolgt. Er habe eine enge Beziehung zur Kultur und sei ein tüchtiger Theater- und Konzertbesucher, sagte der Bischof. Er warnte davor, die totalitäre Vergangenheit zu vergessen.
„Man darf nicht vergessen, was passiert war. Ich sage immer, eine Gesellschaft, die vergisst, hat keine Zukunft. Es ist notwendig, etwas über die Vergangenheit zu wissen.“