Visegrád-Gruppe fühlt sich in Haltung zur Flüchtlingskrise bestätigt

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Die Visegrád-Gruppe – ein lockerer Zusammenschluss der mitteleuropäischen Staaten Tschechien, Polen, Slowakei und Ungarn – besteht seit 15 Jahren. In den vier Ländern leben insgesamt 64 Millionen Menschen, das Bündnis soll ihnen besonders in der EU mehr Gewicht verleihen. Seit Juli 2015 hat Tschechien den Vorsitz in der Gruppe und gibt ihn in drei Wochen an Polen ab. Auf dem jüngsten Gipfel der Visegrád-Vier in Prag wurde daher eine Bilanz gezogen.

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Als letzter der vier Regierungschefs des Bündnisses trat am Mittwoch im Prager Czernin-Palais der slowakische Premier Robert Fico vor die Medien. In seiner Ansprache lobte er den tschechischen Kollegen Sobotka für die umsichtige Führung der V4-Gruppe und die präzise Formulierung ihrer gemeinsamen Interessen vor dem Europarat. Fico hob dabei hervor:

„Ich möchte Ihnen für die Dynamik danken und dafür, dass Sie Ihren Vorsitz unter das Motto V4 Trust, also Vertrauen in die Visegrád-Gruppe, gestellt haben. Und ich bin überzeugt, dass die Präsenz der Gruppe gerade 2015 und im ersten Halbjahr 2016 wesentlich dazu beigetragen hat, dieses Vertrauen herzustellen.“

Bohuslav Sobotka und Robert Fico  (Foto: ČTK)
Dabei meinte Fico sehr wahrscheinlich die Haltung der Visegrád-Staaten in der Flüchtlingskrise. Mit dieser Position hätten sich schließlich auch die meisten anderen EU-Länder identifiziert, ergänzte Premier Sobotka:

„Ich bin vor allem froh darüber, dass es mir gelungen ist, die Visegrád-Gruppe in den ungemein schwierigen Monaten des zurückliegenden Jahres zusammenzuhalten. Wir standen vor einer komplizierten Situation bei der Migration. Es hat sich aber gezeigt, dass das umsichtige Vorgehen der V4 in der Migrationskrise eindeutig richtig war und ebenso, dass unsere Meinung letzten Endes ein klares Übergewicht in der EU erlangt hat.“

Flüchtlingslager  (Foto: ČT24)
Und der ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán resümierte:

„Das war möglicherweise das schwerste Jahr in der Geschichte der Visegrád-Gruppe. Doch wir gehen gestärkt aus ihm heraus.“

Ihr neues Selbstbewusstsein demonstrieren die Visegrád-Staaten auch in der gemeinsamen Erklärung der vier Regierungschefs, die sie in Prag unterzeichnet haben. Sie lehnen weiter eine Quotenregelung bei der Aufteilung von Flüchtlingen ab und fordern zugleich, bei der Reform des Dublin-Asylsystems „ausgewogener und realistischer“ vorzugehen. Einen einheitlichen Standpunkt haben die mitteleuropäischen Staaten auch zum bevorstehenden Referendum in Großbritannien. Premier Sobotka:

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„Bei der heutigen Diskussion zu europäischen Fragen waren wir uns einig, dass es im Interesse unserer Länder ist, wenn Großbritannien in der EU bleibt. Großbritannien ist ein wichtiger europäischer Partner, und die Herausforderungen, vor denen wir stehen, meistern die EU und Großbritannien besser, wenn das Vereinigte Königreich in der Union bleibt.“

Beim bevorstehenden EU-Gipfel Ende Juni in Brüssel wollen die V4-Staaten zudem noch weitere Punkte zur Sprache bringen. Dazu gehört eine verstärkte Hilfe für die Ukraine. Und bei den Verhandlungen zum EU-Haushalt oder zu den Problemen auf den Märkten mit Milchprodukten und Schweinefleisch wollen sie geschlossen auftreten.

Beata Szydło  (Foto: Archiv Platforma Obywatelska RP,  CC BY-SA 2.0)
Doch damit nicht genug. Im kommenden Halbjahr wird die Slowakei die EU-Ratspräsidentschaft innehaben. Dann sollen Themen, die aus Sicht der Visegrád-Staaten bisher noch nicht genug berücksichtigt wurden, auf die Tagesordnung kommen. Und auch das Bündnis selbst will auf dem unter Tschechien eingeschlagenen Weg fortschreiten. Dazu die polnische Ministerpräsidentin Beata Szydło, die am 1. Juli den Vorsitz der Staatengruppe übernehmen wird:

„Ich versichere Ihnen, dass Polen in allen Projekten und Themen fortfahren wird, die unter dem tschechischen Vorsitz begonnen wurden.“