Vizepremier John will Reiche stärker besteuern, Finanzminister Kalousek ist skeptisch

15 Prozent. So lautet der einheitliche Einkommensteuersatz für alle in Tschechien. Doch durch komplizierte Berechnungsmethoden und verschiedene „Beitragsdeckel“ bei der Sozial- und der Krankenversicherung gerät das System in Schieflage – zugunsten der Spitzenverdiener, die deutlich weniger Abgaben bezahlen als Bezieher eines Durchschnittslohns. Vizepremier Radek John von der Partei der Öffentlichen Angelegenheiten will das nun ändern. Finanzminister Miroslav Kalousek zeigt sich skeptisch.

Miroslav Kalousek  (rechts). Foto: ČTK
23.500 Kronen, umgerechnet 950 Euro verdient der Durchschnitts-Tscheche im Jahr. Dafür werden neben der 15-prozentigen Einkommensteuer auch Beiträge zur Sozial- und zur Krankenversicherung fällig. Ingesamt 23 Prozent des tschechischen Durchschnittseinkommens werden so vom Staat einbehalten.

141.000 Kronen, umgerechnet 5700 Euro sind genau das Sechsfache des Durchschnittslohns. Und diese Summe ist auch die höchste Bemessungsgrundlage für die Sozial- und die Krankenversicherung. Mit anderem Worten: Auch wer eine Million Kronen im Monat verdient, zahlt dann nicht mehr an Sozialabgaben. Zusammen mit einer komplizierten Berechnungsmethode – Stichwort: Superbruttolohn – ergibt sich für Spitzenverdiener eine Steuer- und Abgabenquote von nur 15 Prozent.

Martin Pecina und Radek John  (Foto: ČTK)
Dass Reiche weniger zum staatlichen Steuer- und Sozialsystem beitragen, missfällt den Sozialdemokraten bereits seit langem. Sie fordern die Rückkehr zum auch in Deutschland und Österreich etablierten progressiven Steuersystem. Dies ist für die Mitte-Rechts-Koalition allerdings völlig ausgeschlossen. Aber, so verkündete der Chef der Partei der Öffentlichen Angelegenheiten, Vizepremier Radek John, am Wochenende im Tschechischen Fernsehen, wenigstens mit den Privilegien bei den Sozialabgaben für Reiche soll bald Schluss ein:

Radek John  (Foto: ČTK)
„Es ist uns gelungen, mit den Koalitionspartnern auszuhandeln, dass diese Änderung im Jahr 2012 in Kraft tritt. Dieses Vorhaben steht in unserem Parteiprogramm und wir haben sehr dafür gekämpft, dass die Reichen höher besteuert werden.“

Der zuständige Finanzminister Miroslav Kalousek zeigte sich gegenüber der Tageszeitung „Mladá fronta Dnes“ allerdings verwundert über diesen Vorstoß von Innenminister und Vizepremier John. Er könne einen derartigen Beschluss nicht bestätigen. Die Koalition habe lediglich vereinbart, bis zum Frühjahr 2011 eine Gesetzesnovelle vorzulegen, die auch das Sinken der Kranken- und Sozialversicherungsbeiträge mit zunehmendem Einkommen abschaffen soll. Um dieses Ziel zu erreichen, gäbe es allerdings eine ganze Reihe von Vorschlägen. Die von Radek John im Fernsehen verkündete Variante sei alles andere als beschlossene Sache, so Kalousek.