Vlasta Kahovcova - eine Frau im Background von Karel Gott
Bier, Knödel und Karel Gott, das sind - ein bisschen überspizt gesagt - die bekanntesten Exportartikel Tschechiens. Keiner von ihnen soll heute im Fokus der nun folgenden Rubrik "Heute am Mikrophon" stehen, aber mit dem Namen Karel Gott ist Jitka Mladkovas Interviewpartner eng verbunden. Die Goldene Nachtigall von Prag, wie der göttliche Popstar und Non-Stop-Träger des gleichnamigen Musikpreises bezeichnet wird, trat bei vielen Konzerten nicht allein auf der Bühne auf. Neben einem Orchester oder einer Band war auch ein Frauentrio im Background nicht wegzudenken. Mit einer der Sängerinnen unterhielt sich Jitka Mladkova:
"Auf diesem Fachgebiet war ich Jahre lang fast gar nicht tätig. Ich hatte zur gleichen Zeit, als ich Abitur machte, auch meine Laufbahn als Sängerin gestartet, und zwar nach einem Wettbewerb, der vom Semafor-Theater ausgeschrieben wurde. Erst viel später, nach ungefähr 20 Jahren, fing ich an, als Malerin zu arbeiten. Die bildende Kunst ist mittlerweile zu meinem Hauptstandbein geworden. Dem Gesang widme ich mich nur noch aus reiner Freude am Singen."
Auf das Angebot für ein Engagement am Semafor-Theater, das schon damals ein fester Begriff in der tschechischen Kulturszene war, konnte man kaum "Nein" sagen. Vlasta Kahovcova sah es genauso. Sie erklärt, warum sie sich im Handumdrehen für die Karriere als Sängerin entschlossen hatte.
"Ich glaube, es ist auf den Wettbewerb im Semafor-Theater zurückzuführen, bei dem ich gut abgeschnitten habe. Ich bin ohne jegliche Ambitionen hingegangen, einfach nur so, um etwas vorzusingen. Wahrscheinlich kam ich gut an und seitdem singe ich. Ich muss aber sagen, dass es mir viel mehr Spaß macht, im Chor zu singen und nicht als Solistin. Im Semafor konnte ich mit solchen Persönlichkeiten wie Jiri Slitr, Jiri Suchy und vielen anderen singen. Später fing die Zusammenarbeit mit Karel Gott an und das hat mir unglaublich viel Spaß gemacht. Ich bin in eine musikalische Familie geboren worden. Bei uns zu Hause haben wir viel zur Gitarre gesungen."
Danach zu fragen, wie sich Frau Kahovcova an die Zeit erinnert, die sie in der Nähe der Goldenen Nachtigall von Prag, Karel Gott, verbrachte, war beinahe überflüssig. Genau diese Antwort hatte ich erwartet:
"Das war die schönste Zeit meines Lebens. Wirklich! Damals war nämlich die Begleitgruppe von Karel eine sehr kompakte Formation. In keiner anderen, in der ich später mitmachte, war es so. Fast fünf Jahre lang durften wir sozusagen maßgeschneiderte Lieder singen. Kurzum, es war super!"
Auch wenn Vlasta Kahovcova heute immer noch als Sängerin auftritt, tut sie dies jedoch seltener als früher und meist mit männlichen Gesangspartnern. Seit einiger Zeit widmet sie sich viel mehr dem Malen. Schließlich hat sie die Möglichkeit gehabt, auf ihr Wissen zurückzugreifen, das sie an der Umprum erwarb.
"Klar! Meine Mutti hat zwar schon immer behauptet, dass ich schon als Kind eine talentierte Malerin war. Eigentlich war sie die Person, die mich dazu brachte, mich zu der Talentprüfung an der Umprum anzumelden. Doch auch in der Zeit, in der das Singen für mich an erster Stelle stand, habe ich schon immer hier und da etwas gezeichnet oder gemalt. Jetzt ist es halt umgekehrt und die Schule hat mir die Kenntnisse der Perspektive, der Ausgewogenheit der Dinge und nicht zuletzt auch das Gefühl für Farbe und Detail beigebracht."
Zu "ihrer" Schule hat Kahovcova eine buchstäblich innige Beziehung:"Ich liebe die Schule. Jedes Mal, wenn ich hierher komme, habe ich ein seltsames Gefühl. Im Treppenhaus hat sich fast nichts verändert. Immer noch gibt es dort diese wunderschönen Vitragefenster. Wenn ich hier bin, fühle ich mich in die Zeit meiner Jugend zurückversetzt. Es ist ein tolles Gefühl!"
Doch noch etwas verbindet die Sängerin und Malerin mit der traditionsreichen Mittelschule für Kunstgewebe in Prag:
"Jetzt unterrichtet auch mein Sohn hier. Er besuchte auch diese Schule und hat die Fächer Möbelkonstruktion und Spielzeugdesign studiert. Seit September gibt er hier Fachunterricht. Mein Mann ist Musiker in der Gruppe Golem. Wir sind eine Familie, in der sich bildende Kunst und Musik mischen."
Im Gespräch mit der singenden Malerin, die inzwischen landesweit in verschiedenen Galerien ausgestellt hat, kam ich natürlich nicht um die Frage herum, was sie am liebsten male:
"Ich begann zunächst Stillleben mit Motiven aus dem alten Prag auf Holzbrettern zu malen, zum Beispiel Hinterhöfe und ähnliches. Vor einiger Zeit bin ich zu, wie ich es nenne, Porträts gewöhnlicher Sachen übergegangen. Im Prinzip sind es wieder als Stillleben konzipierte Bilder, die etwas Menschliches ausstrahlen sollen. Ich male keine Menschen, bin aber bemüht, dass Menschen hinter meinen Bildern zu spüren sind. Jedes von ihnen ist mit einer Geschichte verbunden, die mich inspiriert hat."
Auf dem Schulhof der Umprum, wo ich Vlasta Kahovcova angetroffen habe, kamen wir abschließend wieder auf die Musik zu sprechen. Auf dem Hof wimmelte es natürlich vor allem von Schülern, und so fragte ich sie nach ihrem Verhältnis zur "Musik von heute". Ihren Worten war aber eindeutig zu entnehmen, dass die Melodien der Sechziger und Siebziger ihr eher im Blut liegen.
"Heutzutage mögen viele junge Leute die Technomusik. Mich verwundert das eigentlich nicht. Der Swing hingegen ist schon etwas komplizierter anzuhören. Was ich aber nicht leiden mag, ist die Musik, die von Computern produziert wird - von Menschen, die absolut keine Noten kennen und auch kein Musikgefühl haben. Sie bewegen nur hunderte von Hebelchen und das ist nicht das Richtige, keine lebendige Musik! Wenn eine Bigband oder eine gute Bigbeat-Gruppe auf echten Musikinstrumenten zu spielen beginnt, kann man das überhaupt nicht vergleichen. Ich glaube auch, dass diese Musik wieder ein Comeback erleben wird. Bei einem Teil der Jugendlichen findet schon heute die Musik aus den Sechziger Jahren Anklang."
Das Bild von Vlasta Kahovcova wäre nicht vollständig, wenn man nicht noch eine Tätigkeit erwähnen würde, der sie sich neben dem Gesang und dem Malen leidenschaftlich widmet. Es ist das Kräutersammeln. Mit auf den Weg habe ich von ihr einen guten Rat bekommen, den ich jetzt befolgen will: Der allerbeste Tag fürs Kräutersammeln ist der Tag der Heiligen Zofie, auf Deutsch Sophie, und der ist am 15. Mai. Warum, danach habe ich nicht gefragt.