Vom Winde nicht verweht: Die Jirásek-Wanderhütte in Dobrošov

Jirásek-Hütte

Kladské pomezí (zu deutsch etwa das Glatzer Grenzland) wird die Region in Ostböhmen genannt, die sich etwa zwischen dem Riesengebirge und dem Adlergebirge entlang der Grenze zu Polen erstreckt. Ein paar Kilometer südöstlich von der Stadt Náchod liegt das Dorf Dobrošov / Dobroschow. Die Gemeinde wird zum ersten Mal 1415 erwähnt. Bekannt ist sie dank der Jirásek-Hütte und den Resten der Grenzbefestigung geworden, die während der Ersten Republik zum Schutz vor Hitler-Deutschland erbaut wurde.

Am bekanntesten ist die Artilleriefestung Dobrošov, die in die Liste der nationalen Kulturdenkmäler eingetragen wurde. Ein Lehrpfad führt von der Festung zu weiteren Teilen der Befestigung aus den Jahren 1936-38. Etwa 500 Meter vom Dorf entfernt steht eine historische Einrichtung für Wanderer – die Hütte, die nach dem bekannten tschechischen Schriftsteller Alois Jirásek benannt wurde, der aus dem nahe gelegenen Hronov stammte. Die Hütte wurde an der Stelle einer anderen Baude aus dem Jahr 1895 erbaut, die klein geworden war.

Alois Jirásek
Die Pläne für das Haus schuf der bekannte slowakische Architekt Dušan Jurkovič schon 1911. Damals arbeitete er am Umbau des Schlosses in Nové Město nad Metují / Weckelsdorf. Am 9. Januar 1921, anlässlich des bevorstehenden 70. Geburtstags von Alois Jirásek, wurde der Grundstein für den Bau der neuen Berghütte gelegt. In die Fundamente wurde eine Urkunde mit Jiráseks Worten eingelassen: „Sei gegrüßt, meine liebe Hütte und steh fest in allen Gewittern.“ 1923 wurde der Bau beendet. Teil des Hauses ist ein Aussichtsturm.

Vlastimil Hurdálek vom Tschechischen Wanderverein (KČT) stieg die Treppe schon zig Mal hinauf. Wenn man oben auf dem Turm steht, versteht man den Wunsch von Schriftsteller Jirásek, die Hütte möge die Gewitter überstehen. Denn wegen des starken Windes dort oben war Herr Hurdálek nur schwierig zu verstehen, als er gerade auf den unten im Tal liegenden Stausee Rozkoš zeigte:

„Es gibt dort ein Vogelreservat. Zudem ist es ein Ort, wo Segelbootwettbewerbe veranstaltet werden. Der Stausee wurde Ende der sechziger Jahre errichtet, um Überschwemmungen in der Region zu verhindern. Bei gutem Wetter ist von dieser Seite aus das Riesengebirge zu sehen: Sněžka / Schneekoppe, Černá hora / Schwarzenberg und Studniční hora / Brunnberg. Von hier aus kann man bis nach Polen schauen - interessant ist die Landschaft von Stolowe Gory. Unweit von hier ist ein Teil der einstigen Grenzbefestigung zu sehen: das Artilleriebollwerk Namens Zelený und das Infanteriebollwerk Březinka. In der Festung Dobrošov gibt es eine Ausstellung über den Aufbau der Befestigung vor dem Zweiten Weltkrieg. Bevor diese Hütte erbaut wurde, gab es da beim Felsen Žába nur eine Notunterkunft.“

Jirásek-Hütte
Die Jirásek-Hütte, die 1950 vom Staat beschlagnahmt wurde, bekam der Wanderverein erst nach der Wende – im Jahre 1995 - vom Staat zurück. In den neunziger Jahren begann eine umfassende Renovierung des malerischen Hauses. Vlastimil Hurdálek war dabei:

„Das Gebäude steht unter Denkmalschutz, und wir durften es nicht erweitern. Neu gebaut wurde nur in den Kellerräumlichkeiten – es entstanden neue Abstellräume für Fahrräder und Skier, einige Büro- und Betriebsräume und zwei rollstuhlfreundliche Zimmer. Im Winter ist es manchmal schwierig bis zur Hütte zu gelangen. Die Instandhaltung der einzigen Straße, die aus Dobrošov zur Hütte führt, kostet im Winter ca. 100.000 Kronen. Wenn wir die Jirásek-Hütte das ganze Jahr hindurch geöffnet haben wollen, müssen wir für den Betrieb schon einiges bezahlen.“

Vlastimil Hurdálek
Die Jirásek-Hütte gehört heute dem zentralen Tschechischen Wanderverein und dem Wanderverin in Náchod. Für den Betrieb der Hütte sorgt die Fachschule für Hotelwesen, Gastronomie und Fremdenverkehr aus Hronov. Der Wanderverein ist mit den Mitarbeitern der Schule sowie den Schülern, die beim Servieren oder in der Küche helfen, zufrieden. Herr Hurdálek zufolge denkt der Verein jedoch daran, die Unterkunftskapazität der Einrichtung zu erweitern:

„Unterhalb der Hütte gab es früher eine sehr einfache Unterkunft. Diese Dependance wurde abgerissen. Wir möchten an ihrer Stelle eine Pension errichten, die mehr Komfort als die Hütte bieten würde. Ein Nachteil der Jirásek-Hütte sind die allzu großen Zimmer, die auch nur teilweise ausgelastet sind. Oft werden hier Schulklassen untergebracht, die zu einem etwa zweiwöchigen Aufenthalt im Rahmen der Aktion ´Schule in der Natur´ kommen. Den Kindern gefällt es hier sehr gut. Es gibt hier viele Möglichkeiten, Ausflüge zu unternehmen. Im Winter kann man die vorbei führenden Loipen nutzen. Im Sommer kann man auf Radwegen Richtung Adlergebirge fahren.“

Regionale Spezialität: Schnitzel mit Knödeln und Kraut
Neben dem historischen Vereinsraum, in dem es Andenken an Schriftsteller Alois Jirásek gibt, hat die Hütte ein Restaurant mit 50 Plätzen und einen kleinen grünen Salon zur Verfügung. Der Architekt, der für die Renovierung und Ausbau des Hauses verantwortlich war, reiste damals sogar nach Bratislava, um die ursprünglichen Entwürfe von Architekt Jurkovič zu holen und sie bei den Arbeiten zu berücksichtigen. Die Jirásek-Hütte ist Hurdálek zufolge ein beliebter Ausgangspunkt für Wanderungen durch die Umgebung:

„In der Nähe befindet sich das Restaurant Peklo mit einer auch von Architekt Jurkovič erbauten Hütte. Etwa zwei Kilometer von der Jirásek-Hütte entfernt liegt die Festung Březinka. Ihre Einrichtung von 1938 ist erhalten geblieben. Südwestlich von Dobrošov liegt der Stausee Rozkoš, der als Fischerparadies gilt. Die Radwanderer können mit dem so genannten „cyklobus“ (Fahrradbus) nach Polen reisen. Dieser fährt von Hradec Králové / Königgrätz über Náchod und Adršpach / Adersbach. Wir möchten die Strecke des Busses erweitern – über die Stadt Úpice nach Jestřebí hory / Habichtgebirge. Unser Wanderverein in Náchod war der erste, der eine Radwanderkarte vom Glatzer Land herausgab. Der neueste Radweg führt über Peklo nach Náchod und von dort aus in die Stadt Hronov. Dieser Radweg ist etwa 20 Kilometer lang.“

Zum Abschluss noch ein gastronomischer Tipp: In der Jirásek-Hütte sowie in anderen Gasthäusern in der Umgebung sollte man eine regionale Spezialität kosten, empfiehlt Markéta Venclová, die beim lokalen Fremdenverkehrsverband BRANKA tätig ist:

„Es ist ein normales Schweineschnitzel – meistens vom Schweinekamm – der mit Knödeln und Kraut serviert wird. Und das Gericht heißt Schnitzel von Pavlišov.“

Warum die Bewohner der unweit von Jirásek-Hütte gelegenen Gemeinde Pavlišov das Schnitzel mit dieser in allen anderen Regionen Tschechiens ungewöhnlichen Beilage essen, wusste nicht einmal der Lokalpatriot und Tourismusexperte Vlastimil Hurdálek.

Fotos: Autorin

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