Von der Feministin zur First Lady: Charlotte Garrigue Masaryková
Sie setzte sich entscheidend dafür ein, dass in der ersten tschechoslowakischen Verfassung Männer und Frauen gleichgestellt waren: Charlotte Garrigue Masaryková. Die Ehefrau des tschechoslowakischen Staatsgründers stammte aus den USA und war Pianistin, Intellektuelle und Feministin. Sie starb vor 100 Jahren.
Charlotte Garrigue kam 1850 in Brooklyn zur Welt. Sie stammte aus einer hugenottischen Familie, die über Deutschland nach Amerika ausgewandert war. Da der Kontakt nach Europa weiterbestand, studierte Charlotte Garrigue ab 1869 am Konservatorium in Leipzig. In der sächsischen Stadt lernte sie später auch Tomáš Masaryk kennen. Beide verbanden das Interesse an Philosophie und Kunst sowie die gleichen Ideale.
1878 heirateten sie. Dabei nahm der spätere tschechoslowakische Staatspräsident – entgegen der damaligen Gepflogenheiten – auch den Namen seiner Frau an. Er hieß ab da Tomáš Garrigue Masaryk.
Allein in Prag
Das erste Jahr ihrer Ehe verbrachte das Paar in Wien. Dann folgte der Umzug nach Prag, wo sich Charlotte schnell ins öffentliche Leben integrierte. Sie lernte Tschechisch, gehörte dem Turnverein Sokol an und unterstützte die Bildung von Frauen aus ärmeren Schichten. Zudem trat sie der Sozialdemokratischen Partei bei.
Während des Ersten Weltkriegs blieb Charlotte Garrigue Masaryková allein in Prag, trotz der Verfolgung der Familie durch das österreichische Regime. Ihr Ehemann ging wegen des politischen Drucks mit Tochter Olga ins Exil, die zweite Tochter Alice saß eine Zeit lang in Wien im Gefängnis. Der ältere Sohn Herbert starb 1915 an Flecktyphus, Jan als der jüngere diente damals im Regiment.
Einsatz für Frauenrechte
Nach dem Ende des Weltkriegs wurde Tomáš Garrigue Masaryk zum ersten Präsidenten der neu gegründeten Tschechoslowakischen Republik gewählt. Charlotte setzte sich in ihrer Rolle als First Lady dafür ein, dass in der Verfassung von 1920 Frauen und Männer gleichgestellt waren – inklusive dem Wahlrecht.
Allerdings wirkte noch die schwere Kriegszeit nach, und Charlotte Garrigue Masaryková kämpfte mit gesundheitlichen Problemen. Deswegen übernahm ihre Tochter Alice die protokollarischen Verpflichtungen als First Lady. Am 13. Mai 1923 starb Charlotte Garrigue Masaryková.
„Ohne sie wäre ich mir weder über den Sinn des Lebens klar geworden noch über meine politische Aufgabe.“
Tomáš Garrigue Masaryk
