Vor 25 Jahren: Die gebürtige Pragerin Madeleine Albright wird US-Außenministerin

Madeleine Albright

Sie war damit die erste Frau, die dieses Amt innehatte. Albright erhielt zahlreiche Auszeichnungen, darunter der tschechische „Orden des Weißen Löwen“ und die „Presidential Medal of Freedom“.

7-Jährige Madeleine Albright  (unten rechts) | Foto:  Archiv von Madeleine Albright

Sie wurde am 15. Mai 1937 als Marie Jana Körbelová im Prager Stadtteil Smíchov geboren. Ihre Großmutter nannte sie Madla, nach der Figur aus dem damals populären Film „Madla zpívá Evropě“ („Madla singt für Europa“). Ihre Mutter nannte sie Madlen, und die anderen riefen sie meistens Madlenko.

Madeleine Albright | Quelle:  Verlag Argo

Albright wuchs im humanistischen Geiste Masaryks in einer Familie jüdischer Herkunft auf, ihre Eltern konvertierten jedoch zum katholischen Glauben. Kurz nach ihrer Geburt wurde die kleine Marie nach Belgrad gebracht, wo ihr Vater zu dieser Zeit als Diplomat an der tschechoslowakischen Botschaft in Jugoslawien arbeitete.

Als die Sudetenkrise zwischen dem nationalsozialistischen Deutschland und der Tschechoslowakei im Herbst 1938 ihren Höhepunkt erreichte und Präsident Edvard Beneš am 23. September die Mobilmachung verkündete, wollte sich Josef Körbel zum Militärdienst melden. Doch dann kam es zum Münchner Abkommen und ein paar Monate später zur Besetzung. Nach dem Einmarsch der Nazis in Tschecho-Slowakische Republik im März 1939 beschloss die Familie, schnellstmöglich zu emigrieren. „Am 25. März brachte mich meine Großmutter nach Prag. Um elf Uhr abends saßen meine Eltern mit mir im Zug, um mit zwei kleinen Koffern das Land zu verlassen. In ihrer Eile hatten sie keine Zeit mehr zu packen“, schreibt Albright in ihrer Autobiografie.

Kensington High Road im Londoner Stadtteil Notting Hill | Foto: HTUK,  Wikimedia Commons,  public domain

Die Familie ging zunächst nach Belgrad, wo sie noch einige Zeit blieb, und dann nach London. Dort begann Josef Körbel, für die künftige Exilregierung zu arbeiten, genauer gesagt für Jan Masaryk. „Meine frühesten Erinnerungen beziehen sich auf eine Wohnung in der Kensington High Road im Stadtteil Notting Hill. Als ich meinen Vater in der BBC sprechen hörte, dachte ich, er sei im Rundfunkempfänger“, erinnert sich Albright.

Schon in jungen Jahren stand Madlenka zum ersten Mal vor der Kamera. Mit Hilfe des Roten Kreuzes drehte die Londoner Exilantengemeinde einen Film über das Schicksal der Flüchtlingskinder. Und sie wählte die kleine Körbelová für die Hauptrolle aus. Einige ihrer Verwandten – der ältere Bruder ihres Vaters, Jan, und seine Familie, sowie Madlenkas Cousine Dagmar – kamen ebenfalls nach England. Während des Exils bekamen die Körbels Nachwuchs: Kathy und John. Die Familie lebte mit ihnen auf dem Land, in der Kleinstadt Walton-on-Thames, etwa eine Stunde Zugfahrt von London entfernt.

Josef Körbel | Foto: ČT24

Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs kehrte Josef Körbel gemeinsam mit Präsident Edvard Beneš und seinen Mitarbeitern in die Tschechoslowakei zurück. Seine Familie folgte ihm kurze Zeit später. Über 30 Mitglieder der Familie Körbel kamen während des Holocaust ums Leben. Madeleine Albright erfuhr erst viel später vom Schicksal ihrer Verwandten, als sie als Außenministerin begann, ihre Familiengeschichte genauer zu erforschen.

Die erste Frau an der Spitze des „State Department“

Nach der kommunistischen Machtübernahme in der Tschechoslowakei im Februar 1948 wurde Madeleine Albrights Vater als Staatsfeind zum Tode verurteilt, und die Familie beantragte politisches Asyl in den Vereinigten Staaten. Madeleine, wie sie ihren Namen schon in der Schule in der Schweiz buchstabierte, studierte in den USA Staatswissenschaften, Politologie und öffentliches Recht und beschäftigte sich intensiv mit Osteuropa und den Ost-West-Beziehungen.

Zbigniew Brzezinski | Foto: Jack E. Kightlinger,  U. S. National Archives and Records Administration,  Wikimedia Commons,  public domain

Im Jahr 1959 heiratete sie den aus einer wohlhabenden Familie stammenden Journalisten Joseph Albright, mit dem sie drei Töchter hat – Katherine sowie die Zwillinge Anne und Alice. Das Paar ließ sich 1982 scheiden, und die gebürtige Pragerin machte große Karrieresprünge.

Mitte der 1970er Jahre wurde Albright in den Wahlkampfstab der Demokratischen Partei berufen. 1978 nahm sie das Angebot ihres Professors an der Columbia University Zbigniew Brzeziński an, als Beraterin im Nationalen Sicherheitsrat zu arbeiten. Außerdem unterstützte sie die Demokraten in Kampagnen zur US-Präsidentschaftswahl. Kurz nach seinem Wahlsieg bestimmte Bill Clinton die damals 55-Jährige zur Uno-Botschafterin der US. Im Januar 1997 wurde Madeleine Albright zur US-Außenministerin ernannt und am 23. Januar vereidigt – als erste Frau und als erste nicht gebürtige Amerikanerin. In dieser Funktion spielte sie eine wichtige Rolle bei der NATO-Osterweiterung. Um die Jahrtausendwende galt Albright als die einflussreichste Frau der Welt.

Madeleine Albright mit Bill Clinton | Foto:  White House Office,  Wikimedia Commons,  public domain

Beraterin von Václav Havel

Madeleine Albright nahm mit Bill und Hillary Clinton am Staatsbegräbnis für den „Dichterpräsidenten“ teil | Foto: Michal Reiter,  Wikimedia Commons,  CC BY-SA 3.0

Die Politikerin, die neben Englisch und Tschechisch auch Polnisch, Russisch und Französisch spricht, besucht regelmäßig ihre tschechische Heimat. Nach der Samtenen Revolution 1989 war sie Beraterin von Präsident Václav Havel, 1997 bekam sie mit dem „Orden des Weißen Löwen“ die höchste tschechische Staatsauszeichnung verliehen. Gemeinsam mit Bill und Hillary Clinton nahm sie im Dezember 2011 am Staatsbegräbnis für den international anerkannten „Dichterpräsidenten“ teil. Albright besuchte auch mehrmals die Gedenkstätte Theresienstadt und enthüllte dort im Jahr 2015 eine Gedenktafel für ihre Familie.

„Read My Pins: Stories from a Diplomat's Jewel Box“ | Quelle: Verlag Práh

Die ehemalige US-Außenministerin (bis 2001) ist bekannt für ihre Broschen, die sie gelegentlich zur Übermittlung politischer Botschaften oder Gemütsstimmungen nutzte. Die nonverbale „Broschen-Diplomatie“ ist wohl für alle Zeiten mit ihrem Namen verbunden. Albright veröffentlichte sogar ein Buch darüber („Read My Pins: Stories from a Diplomat's Jewel Box“). Daneben schrieb sie noch viele weitere, unter anderem „Madam Secretary“ (2003), „Winter in Prag: Erinnerung an meine Kindheit im Krieg“ (2013) und „Faschismus: Eine Warnung“ (2018). Ihr neuestes Buch heißt „Die Hölle und andere Reiseziele: Eine Autobiografie im 21. Jahrhundert“.

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