Vorzeitige Neuwahlen – oder Verhandlungstaktik?
Premier Babiš hat erstmals Neuwahlen ins Spiel gebracht. Andere Parteien sehen darin Druck auf die Sondierungsgespräche.
„Wir wären dann zu einem erneuten Urnengang genötigt, wenn die anderen Parteien sich nicht öffnen und kein Interesse an einer Zusammenarbeit zeigen. Ich selbst wünsche mir das nicht. Aber die Menschen hier im Land wollen sicher nicht, dass ein halbes Jahr lang ohne gute Absichten sondiert wird.“
Zur Erinnerung: Bei den Parlamentswahlen im Oktober wurde Babišs Partei Ano klare Siegerin. Staatspräsident Miloš Zeman ernannte danach den Multi-Milliardär zum Premier. Dieser führte zwar Sondierungsgespräche mit anderen Parteien, doch unter anderem die polizeilichen Ermittlungen gegen ihn begruben jede Hoffnung auf eine Koalition. Andrej Babiš trat dann mit einer Minderheitsregierung vors Abgeordnetenhaus und bat um das Vertrauen. Damit scheiterte er aber. Laut Präsident Zeman soll der Ano-Parteichef nun aber ein zweites Mal versuchen, eine Regierungsmehrheit zustande zu bringen.Als mögliche Koalitionspartner gelten auch die Sozialdemokraten. Babišs Erwägungen kamen bei ihnen aber nicht gut an. Interimsparteichef Milan Chovanec:
„Das ist ein Kanonenschuss vor der zweiten Runde der Sondierungsgespräche, eine Art Drohung. Weil die meisten Parteien keine Neuwahlen wollen, hat Babiš das Thema auf den Tisch gebracht.“
Die Sozialdemokraten wählen am 18. Februar eine neue Parteiführung. Erst nach diesem Sonderparteitag wollen sie sich entscheiden, wie sie zu einer Regierungsbeteiligung stehen. Aber auch die konservative Opposition hält nicht viel von dem Vorgehen des geschäftsführenden Premiers. Markéta Pekarová Adamová ist stellvertretende Vorsitzende der Partei Top 09. Im Tschechischen Fernsehen sagte sie am Sonntag:
„Ich denke, das ist nur ein Druckmittel, damit sich die anderen Parteien den Vorstellungen der Partei Ano unterordnen. Eine weitere Drohung ist die mögliche Koalition mit den Kommunisten und der SPD.“Die SPD, das ist die Partei „Freiheit und direkte Demokratie“ des Unternehmers Tomio Okamura, sie vertritt migrations- und islamfeindliche Positionen. Am Sonntag gestand Babiš jedoch, dass sich mindestens zwei Minister seiner Regierung keine Kooperation mit der SPD vorstellen können. Die Kommunisten wiederum wären wohl wie die Sozialdemokraten mögliche Partner, um eine Minderheitsregierung der Ano zu unterstützen. Eine solche Variante favorisiert auch Präsident Zeman.