Wachsende Kongress-Industrie ist auch für Tschechien interessant

Foto: Tomáš Adamec, Archiv des Tschechischen Rundfunks

Die Tschechische Republik wird immer häufiger auch als Austragungsort internationaler Konferenzen besucht. Allein im zurückliegenden Jahr hat sich die Zahl solcher Veranstaltungen hierzulande um zehn Prozent erhöht. Davon profitieren nicht nur die Hotels, der sogenannte Kongress-Tourismus füllt vielmehr auch die Kassen der Städte und des Staates.

Foto: Tomáš Adamec,  Archiv des Tschechischen Rundfunks
Umgerechnet 2000 Euro und mehr – so viel gibt ein durchschnittlicher Kongressteilnehmer für den Besuch einer Veranstaltung aus. Das ist in etwa das Dreifache von dem, was ein gewöhnlicher Tourist in einem genauso langen Urlaub an Ausgaben hätte. Hinzu kommt, dass bei Kongressteilnehmern, die dienstlich unterwegs sind, neben den eigenen Spesen auch noch Firmengelder umgesetzt werden. Das macht den Kongress-Tourismus auch für Tschechien so interessant, sagt die Sprecherin von CzechTourism, Michaela Klofcová:

„Die Tschechische Republik bietet insbesondere ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis bei den Dienstleistungen an. Das Land hat eine gute Infrastruktur, vor allem in Prag und den größeren Städten. Tschechien ist eine attraktive Destination mit einer reichen Kulturgeschichte.“

Kongresszentrum in Prag  (Foto: Tomáš Adamec,  Archiv des Tschechischen Rundfunks)
Weil die Tschechische Republik in dieser Hinsicht offenbar tatsächlich einiges zu bieten hat, liegt sie auch nicht von ungefähr auf dem 26. Platz im weltweiten Ranking aller Kongress-Nationen. Und unter den führenden Kongressstädten ist Prag sogar noch weiter vorn platziert – die Moldaumetropole liegt auf dem 11. Rang. Dabei sei das Potenzial in Prag durchaus noch größer, meint der Marketing-Direktor der Dienstleistungsfirma Guarant International, Ivo Miksa:

„Prag lag schon einmal, so in der Mitte des letzten Jahrzehnts, auf dem siebten und später dem achten Platz. Als Vergleich möchte ich nur ein paar Zahlen des vergangenen Jahres anführen: In Prag fanden da 122 Konferenzen und Kongresse statt, die Spitzenreiter wie Wien und Paris kamen aber auf 180 bis 190 Kongresse.“

Ivo Miksa  (Foto: ČT24)
Ivo Miksa weiß wovon er spricht, denn er ist ebenso der Präsident der Europäischen Föderation der Verbände professioneller Kongressveranstalter (EFAPCO). Und Miksa nennt auch eine Veranstaltung, von der Prag im vergangenen Jahrzehnt merklich profitiert hat:

„Die Jahrestagung des Internationalen Währungsfonds und der Weltbank im Jahr 2000 war einer der Impulse, die Prag vor rund zehn Jahren zu diesem siebten Platz verhalf. Der Grund dafür liegt auf der Hand: Noch fünf, sechs Jahre nach dieser Tagung hatte Prag einen Boom an Kongressen und Konferenzen zu verzeichnen, und zwar deshalb, weil Interessenten noch vom Weltbankgipfel beeindruckt waren. Sie fragten daher kaum nach, ob die Stadt infrastrukturell überhaupt in der Lage sei, solch große Treffen zu veranstalten.“

Mittlerweile aber hat auch Prag einiges an Boden verloren im harten Konkurrenzkampf um die lukrativen Kongresse, die insbesondere von internationalen Organisationen weltweit abgehalten werden. Dazu sagt Ivo Miksa:

Foto: Archiv Radio Prag
„In den zurückliegenden zehn Jahren hat sich die Branche ziemlich verändert. Aus dem einstigen Kongress-Tourismus ist inzwischen eine wahre Kongress-Industrie entstanden, die ihre Regeln hat und auch viel an Investitionen erfordert.“

Und da hat die Tschechische Republik für eine gewisse Zeit die Entwicklung verschlafen. Das ist nicht zuletzt auf die eiserne Sparpolitik der ehemaligen Nečas-Regierung zurückzuführen. Laut Miksa ist es nämlich nicht mehr der Preis allein, der die Nachfrage bestimme. Ein weiteres Kriterium sei zum Beispiel, in welcher Weise der Staat in der Lage sei, auch etwas zu dem fachspezifischen Programm der jeweiligen Kongressveranstalter beizusteuern. Ivo Miksa glaubt zudem, dass die Kongress-Industrie auch dem Staat große Chancen bietet:

Foto: ČT24
„Überall auf der Welt nimmt man ein Kongresszentrum und ähnliche technologische Einrichtungen als eine vorhandene Kongressstruktur wahr. So wie Straßen, Autobahnen und Zugverbindungen errichtet werden, so steigt in den führenden Kongress-Nationen stets auch der Staat in diese Branche ein. Denn die Investitionen zahlen sich aus, und das nicht nur durch erhöhte Einnahmen der Tourismusbranche. Der Staat gewinnt dadurch zum Beispiel auch viele neue wissenschaftliche Erkenntnisse über den jeweils modernsten Stand von Technik und Entwicklung. Zusammenfassend lässt sich daher sagen: Alle Konkurrenten aus den vor uns liegenden Top-20-Ländern investieren aktiv in die Ausrichtung von internationalen Kongressen. Sie unterstützen alles, um solche Kongresse im eigenen Land zu veranstalten.“