Wahlen 2006: Ralsko - geringes Interesse an der Parlamentswahl

Der Wahlcountdown läuft: Am Freitag kommender Woche öffnen sich nach vier Jahren wieder die Wahllokale in Tschechien. Doch nicht alle Bürger werden von ihrem Wahlrecht Gebrauch machen wollen. Jitka Mladkova stellt ihnen eine Gemeinde vor, für die das besonders zutrifft. Einige Jahrzehnte lang war hier die Sowjetarmee stationiert. Das hat Spuren hinterlassen, und die machen sich nicht nur am kontaminierten Boden und Grundwasser bemerkbar.

Für die Politik interessiere sich hier kaum jemand und über die Wahlen werde kaum gesprochen. Etwa das ist der Tenor im nordböhmischen Ralsko knappe zwei Wochen vor der Parlamentswahl. Die Wahlbeteiligung gehört in Ralsko traditionsgemäß zu den geringsten in ganz Tschechien. Von den rund 1200 berechtigten Wählern waren vor vier Jahren rund 400 an die Wahlurnen gegangen. Der Bürgermeister von Ralsko, Jindrich Solc, hat dafür eine Erklärung:

"Ich glaube, das mangelnde Interesse ist auf zweierlei zurückzuführen. Zum einen geht es um die Menschen, die keine Arbeit haben und sich so gut wie gar nicht für das aktuelle Geschehen interessieren. Sie haben eine Sicherheit - die Sozialhilfe. Auf die kann man sich verlassen, denn die wird kaum jemand einschneidend reduzieren. Zum zweiten geht es um das Problem der Besiedlung des hiesigen Gebietes. Ähnlich wie in einigen nordböhmischen Grenzgebieten nach dem letzten Weltkrieg werden jetzt auch bei uns einst entvölkerte Gebiete besiedelt. Die Hauptmotivation der Neuankömmlinge sind vor allem die niedrigen regulierten Wohnmieten. Manche wollen hier, wo sie niemand kennt, einfach untertauchen."

Bürgermeister Solc und sein Gemeinderat haben es nicht leicht. Unter dem Namen Ralsko kann man sich nämlich keine kompakte Gemeinde vorstellen, sondern neun kleinere, auf einer Fläche von 170 Quadratkilometern verstreute Siedlungen, die von einem gemeinsamen Rathaus regiert werden. Fast alle Probleme haben sie gemeinsam, und auch die Ursachen:

"Die größten Probleme sind selbstverständlich mit dem langen Aufenthalt der Sowjettruppen in der Region verbunden. Damit hängt auch die nicht existierende Infrastruktur zusammen. Es geht um einen künstlich entvölkerten Raum ohne Arbeitgelegenheiten und ohne Dienstleistungen."

In der Tat: Die Arbeitslosenquote beträgt in Ralsko 20 Prozent und wäre wohl noch höher, wenn es den Autohersteller Skoda in Mlada Boleslav nicht in der Nähe gäbe. Jindrich Solc ist aber auch davon überzeugt, dass viele arbeiten könnten, wenn sie nur wollten. Viele aber suchten sich lieber einfacherer Lösungen, meint Solc:

"Die Menschen sind von der Sozialhilfe abhängig und das ist nicht gut. Um auf der anderen Seite ihr keineswegs hohes Budget aufzustocken, scheuen sie nicht davor zurück, auch Straftaten zu begehen."

Nicht an die Schwarzarbeit denkt der Bürgermeister, sondern direkt an Diebstahl. Bei uns, sagt er, habe keinen Bestand, was aus Eisen oder irgendeinem Metall ist, das man in den Sammelstellen zu Geld machen kann. Eine triste Situation. Jindrich Solc und viele andere, auf die er sich stützen kann, geben nicht auf. Mehr dazu am kommenden Samstag in der Sendereihe Panorama CZ.