Weltkarriere auch in Deutschland: Opernsängerin und Schauspielerin Soňa Červená ist tot
Im Alter von 97 Jahren ist am Sonntag die tschechische Opernsängerin und Schauspielerin Soňa Červená gestorben. Viele Jahre lang sang sie im Ausland, vor allem in Deutschland.
Soňa Červená war Tochter des bekannten tschechischen Kabarettisten und Schriftstellers Jiří Červený. Ihre Bühnenkarriere begann 1948 im Prager Theater „Osvobozené divadlo“, wo sie im Musical „Divotvorný hrnec“ sang. Das war eine tschechische Version von „Finian’s Rainbow“. Schon bald entschied sich die Mezzosopranistin, der Oper den Vorzug zu geben. Nach einigen Jahren am Brünner Staatstheater wurde sie Mitglied des Ensembles der Oper „Unter den Linden“ in Berlin.
Soňa Červená und ihre Familie wurden vom kommunistischen Regime verfolgt. Weil sie aus einer bürgerlichen Familie stammte, durfte sie nicht im Prager Nationaltheater auftreten. Kurz nach dem Bau der Berliner Mauer gelang ihr 1962 die Flucht nach Westberlin über den letzten noch geöffneten Grenzübergang. Vor einigen Jahren erinnerte sie sich in den Inlandssendungen des Tschechischen Rundfunks daran:
„Ich wollte und musste emigrieren. Ich konnte nicht in einem unfreien Land leben und singen. Das ging einfach nicht. Ich hatte Angst. Denn meine Mutter war zuvor in einem Gefängnis in Prag gestorben. Der kommunistische Geheimdienst fing an, mich zu verfolgen. Ich hatte beinahe um mein Leben Angst.“
Nach der Emigration wurde zunächst die Oper in Frankfurt zu ihrer Heimatbühne. Von dort aus reiste sie zu Gastauftritten in weiteren Theatern in Deutschland und in vielen renommierten Opernhäusern der Welt. Unter anderem sang Červená in der Mailänder La Scala, in Paris, in Barcelona und elf Jahre lang auch in San Francisco. Zu ihren Paraderollen gehörten etwa der Octavian im „Rosenkavalier“ von Richard Strauss und die Titelfigur in Georges Bizets „Carmen“.
Červená spielte in den 1990er Jahren unter anderem im Thalia-Theater in Hamburg. Nach der Rückkehr nach Tschechien trat sie im Prager Nationaltheater 2002 in Leoš Janáčeks Oper „Das Schicksal“ auf. Dazu der Sprecher des Prager Nationaltheaters, Tomáš Staněk:
„Mit dem Nationaltheater arbeitete Soňa Červená anschließend an weiteren Opern- und Schauspielinszenierungen zusammen. Dazu gehörten unter anderem die Opern ,Morgen wird…‘, ,Toufar‘ und das Theaterstück ,Bluthochzeit‘. In mehr als 250 Vorstellungen trat sie auf den Bühnen des Nationaltheaters auf.“
Das Thema der Oper „Morgen wird…“ ist der Monsterprozess gegen Milada Horáková. Das Opus über die von den Kommunisten hingerichtete Politikerin schrieb der tschechische Gegenwartskomponist Aleš Březina direkt für Soňa Červená. Nach der Premiere im April 2008 sagte er gegenüber Radio Prag International:
„Soňa Červená ist eine starke Frau. Und ich wollte etwas über das Schicksal einer starken tschechischen Frau schreiben. Schließlich haben sich meine Theaterkollegen und ich auf Milada Horáková geinigt, weil sie die nicht genügend reflektierte lebendige tschechische Vergangenheit repräsentiert.“
Ihre Opernkarriere hatte Červená jedoch in den 1950er Jahren in Brünn gestartet. 2018 kehrte sie dorthin in der Inszenierung von ,Pique Dame‘ zurück. Die Regie von Tschaikowskis Oper hatte der Direktor des Brünner Nationaltheaters, Martin Glaser. Er erinnerte sich am Sonntag an die Sängerin im Tschechischen Rundfunk:
„Soňa Červená war als Künstlerin im Ausland bekannt. Sie war auch eine außerordentlich inspirierende Persönlichkeit. Mit Ergebenheit widmete sie sich ihrer Theaterarbeit. Für ihre Kollegen vom Brünner Nationaltheater war es eine sehr anregende Erfahrung, mit ihr zusammenzuarbeiten.“
Soňa Červená wurde 2004 mit dem tschechischen Thalia-Theaterpreis ausgezeichnet. 2013 verlieh ihr Präsident Zeman die Verdienstmedaille.