Wenig transparent oder übermäßig hart? – Ausfuhrkontrolle von Waffen in der Kritik
Es war ein gutes Jahr für die tschechische Waffenindustrie. Im Jahr 2012 konnten die Produzenten ihre Ausfuhren signifikant steigern. Was für die Industrie eine gute Nachricht ist, bereitet Amnesty International Kopfzerbrechen. Immerhin über ein Drittel der Exporte sollen nämlich in Länder gegangen sein, in denen die Menschenrechte nicht geachtet werden.
Der damalige Industrie- und Handelsminister Martin Kuba, derzeit kommissarischer Chef der Bürgerdemokraten (ODS), sah das genauso. Er wollte die Ausfuhrkontrolle aus der Agenda des Außenministeriums nehmen und einer unabhängigen Kommission übertragen. Daraus wurde jedoch nichts, da die Regierung zurücktreten musste.
So scharf, wie die Waffenindustrie die Beschränkungen für Exporte beschreibt, scheinen diese aber nicht zu sein. Immerhin hat Tschechien 2012 Waffen und militärische Ausrüstung im Gegenwert von 6,8 Milliarden Kronen (270 Millionen Euro) exportiert – und laut der Menschenrechtsorganisation Amnesty International gingen über 38 Prozent davon in Länder, in denen keine demokratische Kontrolle der Sicherheitskräfte existiere. Martina Pařízková ist Sprecherin der tschechischen Sektion von Amnesty International:„Instabile Länder, in denen die Menschenrechte nicht eingehalten werden und in die Tschechien Waffen exportiert hat sind zum Beispiel Jemen, Ägypten, Algerien oder Bahrain.“
Dass Tschechien gerade in diese Länder exportiert, hat historische Gründe. Michal Mochťak ist Politologe und hat den Bericht für Amnesty International angefertigt:„Gegenwärtig existieren weiter relativ gute Beziehungen mit Ländern wie Jemen oder Ägypten. Diese Beziehungen haben noch aus den Zeiten des Sozialismus überdauert. Bereits in der Vergangenheit wurden dorthin Waffen geliefert, und die Kontakte existieren noch, entweder in Händlerkreise oder zur politischen Elite, die über solche Verträge entscheidet.“
Der Waffenlobbyist Hynek verteidigt aber die Exporte in solche Länder, vor allem die Vorwürfe von Amnestie International weist er im tschechischen öffentlich-rechtlichen Fernsehen entschieden zurück:
„Ich wundere mich doch sehr, wie Amnesty jene Länder definiert, in denen die Menschenrechte verletzt werden und in die eine Ausfuhr problematisch sein soll.“In Algerien habe die tschechische Industrie zum Beispiel hauptsächlich technische Dienstleistungen erbracht, um bereits lange existierende Verträge zu erfüllen. Allerdings konnten die tschechischen Waffenproduzenten im Jahr 2012 nicht alle ihre Verträge erfüllen. So sollten Pistolen an die ägyptische Polizei geliefert werden: Dies verhinderte das Außenministerium aber wegen der Unruhen und der unklaren politische Situation in dem nordafrikanischen Land. Laut Hynek lag die Schuld an dem gescheiterten Geschäft bei Amnesty International:
„Zuerst war da der Druck von Amnesty International, und dann erst kam die Empfehlung des Außenministeriums, dieses Geschäft nicht durchzuführen. Dabei waren das wirklich nur Waffen zur Selbstverteidigung der Polizisten. Wie sonst sollen denn die Polizisten jemanden schützen oder die Sicherheit in einem sehr unruhigen Land durchsetzen, wenn dort fast jeder eine Kalaschnikow hat?“Gerade die Lieferung von Waffen nach Ägypten kritisiert Martina Pařízková von Amnesty International heftig:
„Wir dürfen es uns nicht erlauben, Waffen irgendwohin zu liefern, wo sie missbraucht und gegen Demonstranten eingesetzt werden, wie es erst vor kurzem in Ägypten geschehen ist. Generell hat sich die Situation in Ägypten seit 2011 verschärft. Wir können also nicht sagen, dass erst die diesjährigen Unruhen gezeigt haben, dass Ägypten ein instabiles Land ist. Die dortigen bewaffneten Kräfte gehen bereits seit 2011 gegen Demonstranten vor, das heißt, die tschechischen Behörden mussten das 2012 bereits wissen und trotzdem wurden Waffen für fast drei Millionen Kronen dorthin geliefert.“ Die tschechische Waffenindustrie ist zu drei Viertel von Waffenexporten abhängig, da das tschechische Verteidigungsministerium aufgrund von Sparzwängen kaum Möglichkeiten hat, sich Neuanschaffungen zu leisten. Als größtes Problem betrachtet der Industrievertreter Hynek daher die Ausfuhrkontrolle:„Eine übermäßig harte und strenge Auslegung europäischer und internationaler Vorschriften ist das größte Problem. Wir sind strenger zu uns selbst als andere uns beurteilen. Schauen wir doch einmal in die Welt, wie die anderen es machen. Wir sind kein besonders herausragender Exporteur, da sind eher die großen Staaten ganz oben dabei, wie die Vereinigten Staaten, Russland, Deutschland, Frankreich und Großbritannien. Wir rangieren da ganz hinten, also wäre es gut, die Exporte so zu erlauben, wie es in diesen Ländern geschieht.“
Amnesty International dagegen hält die existierenden Gesetze für ausreichend. Dort wünscht man sich allerdings eine weitaus engere Auslegung als das bisher geschehen sei, sagt der Politologe Michal Moťak:„Das Problem liegt in wenig transparenten Entscheidungen des Außenministeriums, das aus Sicht von Amnesty gegen die eigenen Prinzipien verstößt. Das Außenministerium erklärt ja, dass es demokratische Werte unterstütze und dass der Schutz der Menschenrechte ein universaler Wert sei. Und trotzdem gibt es grünes Licht für Verkäufe in Länder, wo diese Werte nicht eingehalten werden.“
Daher hat Amnesty International in seinem Bericht alle Regierungsbehörden aufgerufen, die Aufsicht über die Ausfuhren zu verbessern und die Regeln so streng wie möglich auszulegen. Ohne eine gewählte Regierung mit einer klaren Haltung zur Menschenrechtspolitik und zum Waffenexport dürfte dies aber schwierig werden.