Wie kaufen die Tschechen vor Weihnachten ein
Abseits von allen Traditionen und Bräuchen ist auch in Tschechien die Weihnachtszeit insbesondere eine Zeit von grossen Einkäufen und langen Kassenzetteln. Wo kauften die Tschechen heuer vor Weihnachten ein? Unterscheiden sich die Kunden in der Tschechischen Republik in ihrem Kaufverhalten wesentlich von denjenigen in Deutschland? Das alles erfahren Sie nun im folgenden Schauplatz von Robert Schuster.
Alle Jahre wieder klingeln gegen Ende des Jahres in Tschechiens Kaufhäusern die Kassen. Das Weihnachtsgeschäft ist für die meisten Geschäfte die beste Zeit des Jahres. Zudem hat sich in der Vergangenheit schon mehrfach gezeigt, dass auch in Zeiten wirtschaftlicher Rezession, wo die Verbraucher naturgemäss weniger locker mit ihren Geld umgehen, gerade das Weihnachtsgeschäft bei den Händlern zumindest zu einer gewissen Korrektur in den sonst trüben Bilanzen führen kann.
Wenn man den Medienberichten der vergangenen Wochen glauben schenken kann, wird das abgelaufene Jahr 2001 in dieser Hinsicht ein positives Jahr werden. Denn obwohl endgültige Zahlen über das Weihnachtsgeschäft erst zu Beginn des nächsten Jahres veröffentlicht werden, kann schon bereits jetzt festgestellt werden, dass die Kauflust der Tschechen in den Tagen vor Weihnachten ungebrochen war. Im Gespräch mit Radio Prag bestätigt dies auch Herr Karl-Josef Ochs, der Geschäftsführer der deutschen Globus-Hypermarktkette in Tschechien ist:
"Wir haben deutlich zweistellige Umsatzzuwächse zum Vorjahr. Dies hängt unter anderem mit unserem Marketing, den günstigen Preisen, mit unserem Vollsortiment von fast 100 000 Artikeln und mit unseren motivierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zusammen. Im übrigen hat uns auch die Tageszeitunmg MladaFronta/Dnes in einem neutral durchgeführten Test als bester Hypermarkt des Jahres 2001 in der Tschechischen Republik gewählt."
Gerade solche grossräumigen Kaufhäuser, wo alle wichtigen Geschäftsbereiche unter einem Dach konzentriert sind, wie der bereits erwähnte Hypermarkt Globus, oder die Häuser der britischen Tesco-Gruppe, erfreuen sich dabei unter den Tschechen wachsender Beliebtheit. Diesen Gesellschaften ist es nämlich gelungen, den anfänglichen Widerstand einiger Bevölkerungsschichten gegen solche ausländische Firmen zu überwinden. Ein Grund für diese negativen Reaktionen waren bestimmte Ängste, dass in diesen grossen Kaufhäusern etwa ausschliesslich wesentlich teurere ausländische Artikel verkauft würden. Ist das vielleicht Punkt, in dem sich das Kaufverhalten der Tschechen z.B. von jenem der Deutschen unterscheidet? Herr Ochs meint dazu folgendes:
"Markante Unterschiede gibt es im Kaufverhalten keine. Natürlich bevorzugen tschechische Kunden tschechische Erzeugnisse so wie zum Beispiel deutsche Kunden garantiert deutsche Erzeugnisse bevorzugen. Im Food-Bereich sind aber rund 99 Prozent aller Artikel tschechischen Produkte die auch gerne konsumiert werden. Um aber ein vollwertiges Sortiment zu haben benötigen Sie neben Citrus- und Südfrüchten auch Meeresfisch oder eine kleine Auswahl an französischem Rotwein um nur einige Beispiele zu nennen."
Aber nicht nur in Bezug auf die wachsende Beliebtheit grosser Einkaufszentren zeigt sich, wie stark sich die Gewohnheiten hierzulande während der letzten zehn Jahre verändert haben. Gerade im Hinblick auf Weihnachten, war es vor der Wende nicht unüblich, dass die Tschechen ihre ersten Weihnachtsgeschänke bereits im Sommer einkauften. Einer der Gründe dafür war, dass es keine Garantie gab, dass der gewünschte Artikel dann unmittelbar vor dem Fest zu haben sein wird. Während der gesamten ersten Hälfte der neunziger Jahre hat sich laut den langfristigen Erhebungen des Statistischen Zentralamtes der Beginn der Weihnachtseinkäufe immer näher zum eigentlichen Fest verschoben. So sollen etwa Mitte der neunziger Jahre regelmässig die Tage rund um den 15. Oktober als Beginn der ersten grossen Weihnachtseinkäufe gegolten haben. In den letzten beiden Jahren begann das richtige Weihnachtsgeschäft, wie es die Verkäufer in den Geschäften bezeichnen, jedoch erst nach dem Nikolaus-Tag, also dem 6. Dezember und erreichte dann natürlich am 24. Dezember vormittag seinen Höhepunkt. Die Zeit zwischen den Feiertagen wird aber von den Kunden auch immer häufiger dazu genutzt, unpassende Geschenke umzutauschen. Wie gross ist eigentlich z.B. bei den Betreibern der grossen Hypermarkt-Ketten in Tschechien die Bereitschaft, die von den Kunden einmal gekauften Waren wieder zurückzunehmen?
"Nach den Feiertagen hält sich der Umtausch von Geschenken in Grenzen. Wir sind unseren Kunden gegenüber sehr kulant und tauschen anstandslos jeden originalverpackten Artikel um. Die meisten Kunden nutzen diese eher "ruhige" Zeit für eine weitere Bevorratung für Silvester und kaufen an diesen Tagen den Champagner, die Feuerwerksartikel aber auch ganz normale Alltagsartikel."
Ein Ereignis des vergangenen Jahres hat aber wahrscheinlich in allen Lebensbereichen seinen Niederschlag gefunden. Gemeint sind die Terrorangriffe auf die Vereinigten Staaten vom 11. September. In den USA führte das zu grossen Einbrüchen nich nur in allen Wirtschaftsbereichen, sondern insbesondere beim Umsatz der Geschäfte und Kaufhäuser. Auch in einigen tschechischen Medien tauchten in diesem Zusammenhang Berichte auf, wonach die Tschechen in den Tagen danach sehr verunsichert waren und sich auch einschränkten. Viele Eltern in Tschechien sollen etwa nach den Ereignissen in den Vereinigten Staaten beschlossen haben zu Weihnachten ihren Kindern nicht mehr Spielzeug mit kriegerischer oder kriegsverharmlosendern Thematik zu schenken. Aus anderen europäischen Ländern, wie z.B. Frankreich sind vereinzelt Fälle bekannt geworden, dass es im Zuge der erwähnten Ereignisse zu Hamsterkäufen von Grundnahrungsmitteln und Konserven oder etwa von Treibstoff gekommen sei.
Haben sich die Ereignisse vom 11. September in den USA auf das Kaufverhalten der Tschechen ausgewirkt? Das war eine weitere Frage an Karl-Josef Ochs von Globus Tschechische Republik:
"Ich glaube, daß uns dieser Tag noch sehr lange beschäftigen wird und muß. Wir alle haben das verheerende Ausmass auf Bilder erlebt. All dies hat uns tief betroffen gemacht. Hamsterkäufe fanden keine statt. Eine überdurchschnittliche Bevorratung von Konserven oder Tiefkühlkost war ebenfalls nicht zu verzeichnen. Sehr große Absatzmengen konnten an unseren Tankstellen festgestellt werden."
Trotz allem werden die grossen Kaufhäuser und Supermärkte, wie es Herr Ochs bereits erwähnt hat, zufrieden sein können. Zufriedenheit kann aber auch aus einem anderen Grund herrschen: Der tschechische Markt scheint sich nämlich stabilisiert zu haben und auch die Marktanteile mehr oder weniger bereits fix vergeben. Deshalb fragten wir zum Abschluss noch einmal Herrn Ochs, welche weitere Entwicklung sich seiner Meinung nach auf dem tschechischen Markt ergeben werden. Ist eingentlich die Tschechische Republik für ähnliche Unternehmen, wie die grossen Hypermarkt-Ketten, noch aufnahmefähig? Gibt es noch Potentiale, die bisher noch nicht genutzt wurden?
"Wir waren die ersten Hypermarktbetreiber in der Tschechischen Republik mit einem Konzept, welche andere Unternehmen nicht vorweisen können. Tschechien hat in wenigen Jahren eine Entwicklung in der Großfläche und auf der Discountfläche erlebt, welches kein anderes Land vorzuweisen hat. Alle internationalen Mitbewerber sind vertreten: England, Frankreich, Niederlande, Österreich und auch Deutschland. Ich bezweifele, daß ein weiteres Unternehmen ernsthaft Interesse an Tschechien hat. Handel bedeutet auch Wandel. Wir sind lernbereit, reagieren sehr schnell auf neues Kundenverhalten und entdecken permanent weitere Potentiale auf der Großfläche, die wir im Interesse unserer Kunden entsprechend umsetzen und anbieten."
Verehrte Hörerinnen und Hörer, damit sind wieder am Ende einer weiteren Schauplatz-Sendung angelangt. Vom Mikrophon verabschiedet sich von Ihnen Robert Schuster.