Willkommen bei den Czernins: Schloss Chudenice
Etwa zehn Kilometer nordwestlich von der Stadt Klatovy / Klattau, in einer schönen hügeligen Landschaft liegt das Städtchen Chudenice / Chudenitz. Ab dem 12. Jahrhundert war Chudenice der Sitz eines alten böhmischen Adelsgeschlechts – der Czernin. Dieser Familie gehörte auch das so genannte „Alte Schloss“, das sich unweit des Marktplatzes von Chudenice befindet.
Neben Möbeln, die zur ursprünglichen Ausstattung des Schlosses gehören, steht ein altes Klavier in einer Ecke des Speisesaals. Das Musikinstrument habe früher im Gasthaus „U Baláků“ gestanden, sagt die Führerin:
„In diesem Gasthaus, das unweit des Schlosses stand, verbrachte oft der berühmte tschechische Liedermacher und Sänger Karel Hašler den Urlaub. Es wird hier erzählt, dass Hašler auf diesem Klavier zum ersten Mal sein bekanntes Lied ´Po starých zámeckých schodech´ - zu Deutsch etwa ´Auf der alten Schlosstreppe´ spielte.“
Gemeint ist in diesem Lied natürlich die alte Treppe, die zur Prager Burg führt. Während des Kommunismus diente der geräumige Speisesaal als Kinosaal. Anstelle der Bilder hing an der Wand die Leinwand, davor standen einige Reihen zusammenklappbarer Stühle, so die Fremdenführerin.
Aus dem großen Speisesaal, der eine Zeit lang als Kino diente, geht es weiter in das ursprüngliche Wohn- und das Schlafzimmer. Die beiden Räume sind mit Biedermeier-Möbeln eingerichtet. Einige der Möbelstücke stammen aus der Zeit, als in Chudenice der bekannte tschechische Sprachwissenschaftler und Historiker Josef Dobrovský (1753-1829) lebte.
„Dobrovský wirkte hier elf Jahre lang als Privatlehrer der Kinder der Familie Czernin. Seine Privatzimmer hatte er sowohl im hiesigen alten Schloss, als auch im Schloss Lázeň.“
Mit Josef Dobrovský und seinem Aufenthalt in Chudenice befasst sich eine selbständige Dauerausstellung, die in einem der Schlossgänge zu sehen ist und zum Regionalmuseum gehört, das im Erdgeschoss des alten Schlosses untergebracht ist.
Wie in vielen Schlössern darf auch in Chudenice der Jagdsalon nicht fehlen. Dieser ist mit großen Bildern von Jagdhunden geschmückt. Es sei bekannt, dass die Czernins ihre Jagdhunde porträtieren ließen, erzählt Eliška Luňáčková:
„Die Familien Czernin und die Špork haben als erste spezielle Jagdhunde nach Böhmen gebracht und hier die Parforcejagd verbreitet. Graf Franz Josef Czernin schenkte eine dieser Jagdhundemeuten Kaiser Karl VI.“
Im Jagdsalon ist neben Jagdtrophäen und Gemälden eine Kuriosität ausgestellt: ein auf den ersten Blick unauffälliger Spazierstock. In diesem Spazierstock ist ein Gewehr versteckt, dass Wilddiebe nutzten, um nicht entdeckt zu werden.Der wahrscheinlich schönste Raum im alten Schloss ist das so genannte Engelszimmer. Früher war es das Zimmer des Grafen. Eliška Luňáčková kennt eine Legende, die mit diesem Schlosszimmer verbunden ist.
„Es wird erzählt, dass hier ein Engel erschienen ist. Als sich hier der 75-jährige Graf Humprecht Czernin im Jahr 1601 ausruhte, erschien ein Engel und riet ihm, mit seiner Familie von der Johannes-Täufer-Kirche zur St. Wolfgangskapelle zu pilgern. Dort steht heutzutage der Aussichtsturm Bolfánek. Der Graf sollte dort, so empfahl es der Engel, alle Sakramente empfangen, die ein Mensch vor dem Tod empfangen soll. Der Graf folgte dem Rat des Engels und folgte seinen Anweisungen. Drei Tage später ist der Graf gestorben, ohne dass er irgendwelche Krankheitssymptome gehabt hätte. Die Nachkommen des Grafen ließen auf das Zimmergewölbe einen Engel malen, der an das Ereignis erinnern soll.“ Seitdem wird das Zimmer des Grafen Engelszimmer genannt. Auch wenn es zu diesem Ereignis bereits im Jahr 1601 gekommen sein soll, ist beachtenswert, dass eine erste schriftliche Erwähnung erst aus dem Jahr 1650 stammt.Die Führung durch das alte Schloss in Chudenice sowie durch seine malerische Umgebung wird in der nächsten Ausgabe des Reiselands fortgesetzt.