„Winterreifentest“ à la Tschechien
Nun ist sie also wieder da, die vorweihnachtliche Zeit, die am Sonntag mit dem ersten Advent eingeläutet wird. Und mit ihr melden sich regelmäßig auch zwei unwirtliche Gesellen zu Wort: Väterchen Frost und Gevatter Schnee.
Die Gesellen Frost und Schnee haben auch ein gutes Herz, doch das ist ausschließlich den Schlitten fahrenden und Eis laufenden Kindern vorbehalten. Für die hetzende Meute der abertausend Autofahrer aber sind sie die reinste Landplage. Um ihnen zu trotzen, hat sich das tschechische Verkehrsministerium vor diesem Winter etwas ganz besonderes einfallen lassen: die Winterreifenpflicht. Wow, ist das eine Neuerung, vor allem für alle deutschen und österreichischen Autofahrer. Aber aufgepasst, der Winterreifen mit einer Profilstärke von vier Millimetern für Pkw und sechs Millimetern für Kleintransporter und Lkw muss nicht überall benutzt werden, sondern nur auf ausgewählten Strecken! Egal, ob es gerade im ganzen Land regnet oder schneit.
Sie fragen sich bestimmt: Wie soll ich wissen, wann und wo ich zwischen Erzgebirge und Beskiden meine schmucken und gut gerillten M+S-Reifen aufziehen darf und wo nicht? Die Antwort darauf ist einfach: Sie sind in Tschechien, und da wird schon seit ewigen Zeiten improvisiert. Und weil dem so ist, hat das Verkehrsministerium extra für die nur mit Winterbereifung zu befahrenen Straßenabschnitte zwei neue und bei starkem Schneefall kaum zu übersehende Verkehrszeichen für Sie entwickelt – „Winterausrüstung“ und „Ende der Winterausrüstung“. Sie markieren den Start und das Ziel Ihrer Teststrecke, auf der sie ihre dicken Profilreifen auch in den matschigen Schnee pressen dürfen – oder sie im April bei möglicherweise schon 20 Grad Celsius auf dem abtrocknenden Asphalt auch schön abwetzen können.
Diese Strecken können Sie jedoch nur bis zur jährlichen Walpurgisnacht austesten. Falls Sie sie jemals erreichen. Denn halten Sie sich auch auf allen anderen Straßen in Böhmen und Mähren an die tschechische Gesetzgebung, dann kann es Ihnen passieren, dass Sie – ausgestattet mit Reifen der Minimalprofilstärke von 1,6 Millimetern – vorher im Straßengraben landen. Weil es gerade dort, wo Sie gerade fahren, Schnee regnet oder heftig schneit. Was nutzt es Ihnen dann, dass vielleicht schon einen Kilometer weiter eines dieser neuen Verkehrsschilder steht und von Ihnen die „Winterausrüstung“ einfordert. Deshalb heißt es beispielsweise in Deutschland schon seit längerem, dass die Ausrüstung von Kraftfahrzeugen an die Wetterverhältnisse anzupassen ist. Für die Improvisationsmeister aus dem Moldauland ist das aber ein (noch zu) großer Schritt. Doch vielleicht geht ja gerade jetzt, zur Adventszeit, dem einen oder anderen Verkehrsplaner in Tschechien ein Lichtlein auf. Das aber könnte dann schon eine wirklich zündende Wirkung haben.