Wochenschau
Die vergangene Woche stand in Tschechien wieder einmal zu einem großen Teil im Zeichen der Europapolitik.
Die tschechische Regierung will versuchen, bis April nächsten Jahres die Zahl jener alten EU-Staaten zu senken, die ihren Arbeitsmarkt vor Bürgern aus den neuen Mitgliedsländern, also auch aus Tschechien, verschließen. Das sagte Premierminister Jiri Paroubek am Montag auf einem Treffen mit tschechischen Botschaftern. Die Beschränkung der Arbeitnehmerfreizügigkeit könnte bei vielen den Eindruck erwecken, EU-Bürger zweiter Klasse zu sein, meinte Paroubek. In den Beitrittsverhandlungen waren gegenüber Menschen aus den zehn neuen Mitgliedstaaten Übergangsfristen von maximal sieben Jahren festgesetzt worden, spätestens dann können auch sie in der gesamten Europäischen Union auf Jobsuche gehen. Derzeit machen nur Irland, Großbritannien und Schweden nicht von den Fristen gebrauch. Premier Paroubek hofft, etwa Frankreich, Italien oder die Niederlande von der Öffnung des Arbeitsmarktes überzeugen zu können. Österreich hingegen, das gemeinsam mit Deutschland die Übergangsfristen in den Beitrittsverhandlungen durchgesetzt hat, wird vermutlich die vollen sieben Jahre ausnutzen und den neuen EU-Bürgern erst 2011 den freien Zugang auf seinen Arbeitsmarkt ermöglichen.
Am Dienstag gab es in der Sache bereits die erste Neuigkeit: Spanien könnte ab dem kommenden Jahr die Regelung der Übergangsfrist bei der Freizügigkeit tschechischer Bürger auf seinem Arbeitsmarkt aufheben. Die Situation entwickle sich gut in diese Richtung, teilte der spanische Außenminister Miguel Moratinos seinem tschechischen Amtskollegen Cyril Svoboda bei einem Treffen in Prag mit. Spanien wäre dann das vierte Land unter den älteren EU-Staaten, das tschechischen Arbeitnehmern uneingeschränkte Freizügigkeit einräumen würde.Der EU-Haushalt 2007-2013 war am Dienstag eines der Hauptthemen bei den Gesprächen von EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso mit den Ministerpräsidenten der vier Visegrad-Staaten Tschechien, Slowakei, Polen und Ungarn in Budapest. Laut Barroso sei es sehr wichtig, so schnell wie möglich das EU-Budget zu beschließen. "Jede Sekunde zählt", sagte der Kommissionspräsident. Verzögerungen würden dem Zusammenhalt der EU schaden. Die Teilnehmer waren sich einig darüber, dass die EU Reformen brauche, die ohne einen Haushaltsbeschluss nicht möglich seien.
Die Tschechische Republik wird den Euro als Zahlungsmittel frühestens im Jahr 2010 und damit ein Jahr später als bisher geplant einführen können. Das teilte das Finanzministerium in Prag diese Woche mit. Aktuelle Prognosen zeigten, dass das Haushaltsdefizit nicht bedeutend schneller gesenkt werden könne, sagte Ministeriumssprecher Radek Nemecek der Nachrichtenagentur CTK. Finanzminister Bohuslav Sobotka hatte vor kurzem gesagt, der Staat brauche Geld zum Ausbau der Infrastruktur, des wissenschaftlichen Bereichs und zur Reform des Hochschulsektors. Wirtschaftsexperten nannten das Zieldatum 2010 "realistisch".Führende europäische Politiker haben die Gründung der Gewerkschaft "Solidarnosc" (Solidarität) vor 25 Jahren am Mittwoch als Sieg der polnischen Freiheitsbewegung gewürdigt. "Solidarnosc hat die moderne Welt verändert", sagte Staatspräsident Aleksander Kwasniewski vor Staatsgästen aus fast 30 europäischen Staaten. Die Idee der Solidarität sei die "wichtigste Antwort auf die globalisierte Welt im 21. Jahrhundert." Unter den Gästen war auch der frühere tschechische Präsident Vaclav Havel. Er erinnerte unter starkem Beifall an die Hoffnungen, die der Kampf der polnischen Arbeiter in der Tschechoslowakei geweckt hatte. Man habe damals gewusst, dass das der Anfang vom Ende des Kommunismus sei. Zugleich betonte Havel, am 25. Jahrestag von Solidarnosc müsse auch an die Länder erinnert werden, in denen noch immer Dissidenten um Menschenrechte kämpften und die Menschen unfrei seien. "Solidarität heißt nicht nur Freiheit, sondern auch Verantwortung." Die Menschen in Weißrussland, Birma, Kuba oder Nordkorea bräuchten Zeichen klarer Unterstützung, forderte Havel.