Zu eng, wenig Bewegung, keine Intimsphäre – Bericht über tschechische Untersuchungsgefängnisse vorgestellt

Photo: Filip Jandourek, ČRo

Der tschechische Helsinki-Ausschuss ist eine NGO, die bereits 1988 gegründet wurde. Sie tritt vor allem für die Menschenrechte ein, sowohl in Tschechien als auch auf der ganzen Welt. Eines ihrer Anliegen ist die Situation in tschechischen Gefängnissen. Am Freitag erschien dazu ein neuer Bericht.

Foto: Filip Jandourek,  Tschechischer Rundfunk
Im Mai 2012 hatte die Polizei den Kreishauptmann von Mittelböhmen, David Rath, wegen des Verdachts auf Korruption verhaftet und in ein Untersuchungsgefängnis gebracht. Bei seiner Anhörung im Parlament beschwerte sich der ehemalige Spitzenpolitiker der Sozialdemokraten über die schlimmen Zustände in der Untersuchungshaft: nur zweimal wöchentlich dürfe er duschen und nur eine Stunde pro Tag habe er Ausgang auf dem Gefängnishof. Solche Bedingen hätten in Europa nicht zu suchen, so Rath weiter. Der tschechische Helsinki-Ausschuss nahm die Beschwerden des Abgeordneten zum Anlass, um einmal genau hinzuschauen. Sechs Untersuchungshaftanstalten hat die NGO untersucht, ihr Bericht darüber wurde am Freitag veröffentlicht. Anna Šabatová ist die scheidende Vorsitzende des Ausschusses:

„Die Probleme der tschechischen Gefängnisse liegen hauptsächlich im materiellen Bereich, denn die Gesellschaft hat entschieden, nicht übermäßig viel in die Gefängnisse zu investieren. Das gesamte System hätte schon seit langer Zeit strategisch modernisiert werden müssen, das aber wird seit langem ignoriert. In den 1990er Jahren gab es große Fortschritte, aber es gibt noch immer viele Unzulänglichkeiten, über die gesprochen werden muss.“

Anna Šabatová  (Foto: Archiv Radio Prag)
Dann wird Šabatová konkret. Die Gefangenen seien oft zu zweit oder zu dritt in viel zu kleinen Zellen und der den Inhaftierten zur Verfügung stehende Platz bewege sich an der Grenze von vier Quadratmetern pro Person. Außerdem hätten die Insassen viel zu wenige Möglichkeiten, sich beim Ausgang aus ihren Zellen sportlich oder kreativ zu betätigen. Eine Sache ist laut Šabatová besonders schwerwiegend:

„Die Intimität bei der medizinischen Behandlung der Gefangenen ist nicht gegeben. Die Gefängnisaufseher sind in Kontakt mit den Ärzten, im Wesentlichen sollte aber die ärztliche Behandlung zwischen Arzt und Patient stattfinden. Es geht vor allem darum, dass die Wärter nicht bei Untersuchung und Behandlung anwesend sein sollten. Das ist eine langjährige Forderung des Europarates. Einige Gefängnisse halten dies ein, andere wiederum nicht.“

Eine weitere Erkenntnis aus dem Bericht: die tschechischen Gefängnisse gehen in vielen Dingen nicht einheitlich vor.

Die von David Rath beschriebenen Zustände der Untersuchungshaft belege der Bericht also durchaus, so Šabatová. Von Stasi-Methoden oder Tortur könne aber nicht die Rede sein, vor allem weil das Personal gute Arbeit leiste:

Foto: Filip Jandourek,  Archiv des Tschechischen Rundfunks
„Unsere Feststellungen sind keine Kritik an der Arbeit des Personals der Gefängnisse. Es kam nie die Behauptung auf, es werde Gewalt angewendet. Natürlich haben wir sehr große Unzulänglichkeiten aufgefunden, aber nichts, das man als Folter oder Quälerei bezeichnen könnte.“

Der Helsinki-Ausschuss will aber nicht nur kritisieren. Im Bericht finden sich Empfehlungen, sowohl an die Gefängnisverwaltung als auch an die Regierung. Eine davon ist, dringend die finanziellen Mittel für die Gefängnisse zu erhöhen.