Zum Tode von Lotte Fürnberg
Vergangene Woche verstarb Lotte Fürnberg im Alter von 92 Jahren in Weimar. Zur Welt kam sie 1911 in einer deutsch-tschechischen Familie in Prag, wo sie bis 1939 und einige Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs lebte. An die ehemalige Mitarbeiterin von Radio Prag erinnert Katrin Bock.
Vor vier Jahren habe ich Lotte Fürnberg in ihrem Haus in Weimar besucht. Damals unterhielten wir uns über ihr abenteuerliches Leben an der Seite des Dichters Louis Fürnberg. Nach dem Einmarsch der Deutschen in Prag 1939 mussten die überzeugten Kommunisten aus ihrer Heimat fliehen - ihre Flucht führte sie über Polen, Italien und Jugoslawien nach Jerusalem. Als Tausende von Deutschen nach Kriegsende aus der Tschechoslowakei vertrieben wurden, kehrte das deutsche Paar in diese zurück. Lotte Fürnberg fand damals Arbeit in der Auslandsredaktion des tschechoslowakischen Rundfunks. Von 1947 bis 1950 arbeitete sie in der deutschen und österreichischen Redaktion. Während unseres damaligen Gesprächs erinnerte sich Lotte Fürnberg an ihre Rundfunkarbeit:
"Wir bekamen aus dem sog. Monitor solche sehr, sehr lange Aufzeichnungen, Nachrichten und da haben wir uns ausgesucht, was uns gefallen hat oder was wir für interessant und wichtig gefunden haben und haben von da Nachrichten und dann Kommentare gesendet zu den augenblicklichen Situationen. Wir hatten immer eine Viertelstunde Zeit für jede Sendung jeden Abend. z.B. wir haben Suchaktionen gemacht. Es waren ja sehr viele Familien auseinander gerissen durch den Krieg und so weiter und da bekamen wir Namenslisten und haben Suchaktionen nach Menschen, die irgendwo verschleppt oder durch den Krieg für ihre Verwandten verschollen waren. Ich kann nur sagen, die Arbeit im Rundfunk war sehr vielseitig und hat mir Spaß gemacht. Es waren die verschiedensten Leute dort, die mit uns gearbeitet haben. Oft alte Schauspieler, alte Redakteure, so weit Leute, die deutsch beherrscht haben."
Anfang der 50er Jahre wurde die Situation für das deutsch-jüdische Paar in Prag wegen der politischen Prozesse immer gefährlicher. Einen Ausweg stellte das Angebot an Louis Fürnberg dar, Leiter der nationalen Gedenkstätte für klassische Literatur in Weimar zu werden. 1954 zog die Familie nach Weimar. Der Dichter Louis Fürnberg verstarb dort bereits 1958. Seine Gattin Lotte folgte ihm vergangene Woche im Alter von 92 Jahren.