Zurück zu den Wurzeln im ersten Naturfriedhof Tschechiens
Friedwald oder Ruheforst heißen sie in Deutschland – Wälder, in denen die Asche Verstorbener bestattet wird. Nun gibt es diese Möglichkeit auch in Tschechien. Im Prager Stadtteil Ďáblice wurde am Dienstag der Wald der Erinnerungen – Les vzpomínek – offiziell eröffnet.
Das Projekt Ke Kořenům (Zu den Wurzeln) wurde von ehemaligen Studentinnen aus Brno / Brünn gegründet. Alternative Bestattungsmöglichkeiten und Hilfe bei der Organisation von Trauerfeiern stehen im Vordergrund. Die jungen Akademikerinnen haben sich schon während des Studiums der Anthropologie und im Fach Umweltstudien mit dem Thema Naturbestattung befasst. Blanka Dobešová, Mitorganisatorin des Projekts, erzählt:
„Im Laufe unserer Nachforschungen sind wir darauf gestoßen, dass Hinterbliebene unzufrieden mit der gegenwärtigen Form von Bestattungen sind. Bestattungen in Krematorien halten sie für unpersönlich, leer und formalisiert. Man sollte also eine Alternative schaffen. Zugleich wussten wir, dass die Alternativen im Ausland gut funktionieren, vor allem Naturfriedhöfe.“Auf Initiative des Verwaltungsdirektors der Prager Friedhöfe, Martin Červený, entstand der Wald der Erinnerungen in Prag. Als Beispiele schaute sich Dobešová mit ihren Kolleginnen ähnliche Konzepte in Deutschland und England an.
„Wir haben über verschiedene Möglichkeiten nachgedacht. Zugleich haben wir versucht, das Konzept der Naturfriedhöfe der städtischen Umgebung anzupassen. In England beispielsweise sind solche alternativen Begräbnisstätten meist Teil der Natur. In Deutschland sind es wirkliche Wälder. Sie sind nicht in der Stadt, sondern ein Teil des Waldes außerhalb.“Das Interesse, seinen verstorbenen Angehörigen in solch einem Wald ihre letzte Ruhe zu geben, ist laut Dobešová hoch – obwohl das Projekt gerade erst anläuft.
„Es kommen verschiedene Leute. Das sind keine besonderen Schützer der Umwelt oder alternative Leute. Im Gegenteil: Es sind ganz normale Leute, die die Idee fasziniert, den Verstorbenen unter einem Gedenkbaum zu bestatten. Sie haben auch eine besondere Beziehung zu Bäumen.“Die Asche der Verstorbenen kann auf zwei Arten bestattet werden: in Urnen, die aus abbaubarem Material bestehen, oder sie kann ohne Urne zusammen mit Lehm in die Erde zu den Wurzeln der Bäume gegeben werden. Für die Verstorbenen wird kein Grabmal aufgestellt. Dafür sind an dem jeweiligen Gendenkbaum Holztäfelchen mit den Daten angebracht.
Den Baum dürfen sich die Familien des Verstorbenen selbst aussuchen. Dies geht auch schon zu Lebzeiten. Zur Auswahl stehen derzeit 330 Bäume – nur einer nicht: der Baum des niederfallenden Taus inmitten des Waldes. Er ist ein Gedenkbaum für verstorbene Neugeborene und noch nicht geborene Kinder.Blanka Dobešová selbst möchte später auch einmal in der Natur ihre letzte Ruhe finden:
„Ich hoffe, dass das Bestattungsgesetz geändert wird, bevor ich sterbe. Es sollte möglich sein, auch ganze Körper in der Natur zu beerdigen und nicht nur auf dem Friedhof. Das würde ich mir wünschen: mit dem ganzen Körper beerdigt zu sein und auf mir einen Apfelbaum.“
Der Wald der Erinnerungen in Prag ist hierzulande der erste seiner Art. Er soll als Inspiration für weitere dienen. In Zukunft möchte Dobešová mit ihren Kollegen dort auch eine Gedenkwiese anbieten und am liebsten auch Bestattungen ganzer Leichname in Särgen aus natürlichen Materialien.