Zurückhaltend und doch ausdrucksstark: Rudolf Hrušinský wäre 100 Jahre alt geworden
Er gab dem braven Soldaten Schwejk sein feistes Gesicht. Die zweiteilige Verfilmung des Romans von Jaroslav Hašek verschaffte Rudolf Hrušinský senior internationale Bekanntheit. In Tschechien gilt er noch heute als Schauspieler-Legende. Am Samstag wäre er 100 Jahre alt geworden.
Ein lakonischer Seufzer über die unglückliche Eigentümlichkeit eines kühlen Sommers. In Jiří Menzels Film „Ein launischer Sommer“ („Rozmarné léto“, 1968) ließ Rudolf Hrušinský senior wie in vielen anderen Streifen seinen unverwechselbaren, rauen Charme spielen. Eine Schauspielerlegende wird er heute genannt. Zweifellos war er einer der großen tschechischen Darsteller der Nachkriegszeit. Sein Sohn Jan Hrušinský erinnert sich:
„Schon als kleiner Junge, in den 1960er Jahren, begann ich ins Theater zu gehen. Wenn mein Vater auf die Bühne kam, wurde es ganz still im vollbesetzten Haus. Die Menschen um mich herum schauten nur auf ihn, obwohl die Bühne voller hervorragender Schauspieler war. Mein Vater hatte ein großes Charisma, ohne sich sehr darum zu bemühen oder die Aufmerksamkeit mit unlauteren Schauspielertricks auf sich zu ziehen.“
Das brachte Rudolf Hrušinský 1956 in der Filmrolle des braven Soldaten Schwejk internationale Anerkennung ein. So extrovertiert und unbeschwert fröhlich sein Schwejk nach Vorlage der Hašek-Romane war, so introvertiert war Hrušinský wiederum als Privatperson. Die Theaterhistorikerin Marie Valtrová erzählt:
„Als Mensch war er sehr verschlossen. Man kann aber nicht sagen, dass er unzugänglich war. Er unterhielt sich einfach nicht gern mit anderen. Als Schauspieler hatte er aber eine große Gabe. Er vermochte es, seinen Figuren Unmittelbarkeit zu verleihen.“
Auf der Bühne war Hrušinský für seine ausdrucksstarken Rollen berühmt. Dreißig Jahre lang gehörte er zum Ensemble des tschechischen Nationaltheaters. Auch beim Film war er in den 1960er und 1970er Jahren präsent. „Lerchen am Faden“ gewann 1968 den Goldenen Bären der Berlinale. „Der Leichenverbrenner“ von Juraj Herz wurde 1969 – erfolglos – als Oscar-Nominierung für den besten fremdsprachigen Film eingereicht. Bis diese Nominierung dann 1986 mit Jiří Menzels „Heimat, süße Heimat“ doch klappte, verkörperte Hrušinský zahlreiche Rollen, die heute zum kulturellen Allgemeinwissen der Tschechen gehören. Marie Valtrová:
„Als Filmschauspieler glänzte er in komischen Rollen. So zum Beispiel als Doktor Skružný in ‚Heimat, süße Heimat‘ oder im Märchen ‚Gevatter Tod‘. Er konnte einfach spielen und das Komische in seinem eigenen Naturell zum Ausdruck bringen.“
Dank seiner charakteristischen Stimme verlieh Hrušinský auch im Rundfunk vielen Figuren Lebendigkeit. Er sprach zahlreiche Hörspiele ein, legendär wurde sein Kommissar Maigret. „Der Einsammler“ von Milan Uhde stammt von 1966.
„Immer stellte er auch die anderen Figuren in den Hintergrund. Er hatte so eine Noblesse und Zurückhaltung, mit denen er seinen Worten Ausdruck verlieh“,
schwärmt Valtrová. Seinen Namen setzte Hrušinský auch politisch ein. 1968 unterzeichnete er „Das Manifest der 2000 Worte“ und begründete:
„Wem der Verlust der Freiheit nichts ausmacht, der entsagt sich seiner Menschlichkeit wie auch seiner Rechte und Pflichten. Denn Freiheit bedeutet auch Pflichten.“
Diese Unterschrift bezahlte der Schauspieler mit Auftritts- und Drehverboten. Dem Druck des Regimes konnte sich Hrušinský später offenbar nicht mehr entziehen und unterzeichnete 1977 die Anticharta. Nach der Samtenen Revolution saß er zwei Jahre lang für das Bürgerforum im Volksparlament der Tschechischen und Slowakischen Föderativen Republik.
Rudolf Hrušinský senior starb am 13. April 1994 in Prag. Neben der schauspielerischen Gabe hatte er auch musikalisches Talent. In dem Lied „Šel jsem světem“ besang er 1988 außerdem seine private Leidenschaft – das Angeln.