Zuwanderungsraum Europa: Billigarbeiter vor neuen Hürden?

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Europa wächst zusammen. Und das Zusammenwachsen hat ein Datum: Am 1. Mai 2004 treten zehn neue Staaten zu den 15 alteingesessenen Mitgliedern der Europäischen Union hinzu. Die Mehrzahl der Neuzugänge liegt im Osten. Und dort liegt für viele auch das Problem. Osteuropäische Billigarbeiter, so das Schreckenszenario vor allem aus deutscher und österreichischer Sicht, überschwemmen nach Öffnung der heutigen Schengen-Außengrenzen den dortigen Arbeitsmarkt.

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Europa wächst zusammen. Und das Zusammenwachsen hat ein Datum: Am 1. Mai 2004 treten zehn neue Staaten zu den 15 alteingesessenen Mitgliedern der Europäischen Union hinzu. Die Mehrzahl der Neuzugänge liegt im Osten. Und dort liegt für viele auch das Problem. Osteuropäische Billigarbeiter, so das Schreckenszenario vor allem aus deutscher und österreichischer Sicht, überschwemmen nach Öffnung der heutigen Schengen-Außengrenzen den dortigen Arbeitsmarkt. Die vermeintlichen Folgen: Noch mehr Arbeitslosigkeit, noch weniger Konjunktur, noch größer die wirtschaftliche Misere. Und weil das nicht geht, haben die Neulinge im alten Europa erst einmal nichts zu suchen: Tschechen, Polen, Ungarn, Letten, Esten, Litauer - sie alle sitzen mindestens für zwei, vielleicht jedoch auch für weitere sieben Jahre auf der Ersatzbank. Sieben Jahre, bis 2011! Keine Freizügigkeit, kein Zugang zum Arbeitsmarkt, keine regulären Verdienstsmöglichkeiten beim Nachbarn im Westen.

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Zwar zeigen Studien, dass die befürchtete Massenzuwanderung aus dem Osten nach Fall des Eisernen Vorhangs 1989 ausgeblieben ist und auch in Zukunft ausbleiben wird - dennoch, die Angst sitzt beharrlich im Nacken. Und deshalb wird gemauert und weggeschaut. Berlin wäre heute noch nicht deutsche Hauptstadt - frotzeln da einige wissend - wenn nicht polnische Schwarzarbeiter für einen Hungerlohn, ohne Arbeitsvertrag und Krankenversicherung, zu Hunderten Verwaltungs- und Regierungsgebäude hochgezogen hätten. Das deutsche Pflegesystem wäre schon längst kollabiert, wenn nicht Au-Pairs aus Litauen für ein Trinkgeld die bettlägerige Oma zu Haus betreuen würden.

Lange haben auch die Beitrittskandidaten im Osten weggeschaut, wenn es um die Zuwanderungsfrage ging. Beispiel Tschechische Republik: Gesetze zur Zuwanderung wurden verschleppt, ausländische Arbeitskräfte in den Medien als "Illegale" stigmatisiert, die Prozedur eine Arbeitserlaubnis zu erhalten bürokratisch erschwert. Und dennoch kamen jährlich mehr auf der Suche nach Arbeit. Meist aus Osteuropa, mit Abstand die meisten aus der Ukraine. Viele von ihnen regulär, viele ohne Erlaubnis - Hauptsache das Geld stimmt. Und das Geld stimmt immer, wenn es zu Hause keine Arbeit gibt und der eigene Garten nicht ausreicht, um Miete, Lebensmittel, Medikamente oder das Schulgeld für die Kinder zu bezahlen. An der Notlage in dem 50-Millionen-Staat Ukraine werden auch die neuen EU-Außengrenzen nichts ändern, eher werden sie diese noch verschärfen. Nicht Mauern ist am Vorabend der europäischen Erweiterung gefragt.

Alte und neue Europäer müssen sich öffnen. Öffnen für eine Diskussion über die schon bald neuen Grenzen der EU. Öffnen auch für die Probleme und Belange der neuen Nachbarn im Osten. Erst wenn Europa seine Nachbarn kennen lernt, erst dann wird es auch eine vernünftige europäische Zuwanderungspolitik geben können.