Zweiter Pfeiler der Rentenversicherung stößt auf geringes Interesse
Eine der Neuerungen, die das scheidende Kabinett Nečas durchgesetzt hat, ist die Rentenreform. In deren Rahmen wurde auch einn so genannter zweiter Pfeiler der Rentenversicherung eingeführt, das heißt eine Versicherung in Privatfonds. Dieses Angebot stößt allerdings auf geringes Interesse bei den Versicherten. Das Finanzministerium erwägt daher nun einige Änderungsvorschläge.
Den zweiten Pfeiler gibt es seit einem halben Jahr, er trifft bisher aber nur auf geringe Nachfrage. Etwa 50.000 Menschen sind dem System bis Ende Mai beigetreten, also ein Zehntel der geplanten Gesamtzahl. Tschechen über 35 Jahre haben dabei nur bis Ende Juni, das heißt bis zu diesem Sonntag, die Möglichkeit, der Zusatzversicherung beizutreten. Eine junge Frau in der Elternzeit dazu:
„Wir haben uns entschieden, das Angebot nicht zu nutzen. Wir vertrauen dem Projekt des Staates nicht. Wir wollen lieber in Immobilien und Gold investieren.“Warum haben die Tschechen so wenig Vertrauen in diese Form der Rentenversicherung? Laut dem Juristen vom Gewerkschaftsdachverband, Vít Samek, sei der zweite Pfeiler nur für eine kleine Gruppe von Leuten attraktiv:
„Nach Angaben der Tschechischen Nationalbank lohnt es sich für Menschen mit einem Monatsverdienst ab 37.000 Kronen (ca. 1500 Euro). Bis zu 77 Prozent der Menschen hierzulande aber verdienen weniger. So sind sie zu dem Schluss gekommen, dass es sich für sie nicht lohnt.“
Einen weiteren Grund, der gegen den zweiten Pfeiler spricht, nennt Finanzberater Miroslav Škvára:„Das wichtigste Argument, das ich von meinen Kunden höre, lautet: Sie schließen die Versicherung freiwillig ab, dürfen aber nicht wieder kündigen.“
Dies ist im Moment tatsächlich nicht möglich. Das Finanzministerium bereitet allerdings einige Änderungen zum Rentensystem vor. Unter anderem sollte es dann möglich sein, die Versicherung nach fünf Jahren zu unterbrechen. Neue Regeln sollen auch für die Vererbung von Spareinlagen gelten. Der stellvertretende Finanzminister Radek Urban nennt noch eine mögliche Änderung:
„Heute kann man nur zwischen der zwanzigjährigen und der lebenslangen Rente wählen. Wir schlagen nun auch noch eine fünfzehnjährige Rente vor. Dazu will ich anmerken, dass die durchschnittliche Zeit, die man im Ruhestand lebt, den heutigen Statistiken nach bei 19 Jahren liegt.“Nach Aussage des Vorsitzenden des Verbandes der Rentenfonds, Karel Svoboda, sei die Rentenreform zu spät gekommen. Die Aufklärungskampagne hätte man früher starten sollen:
„Wir hätten diese Debatte vor einem oder vor anderthalb Jahren eröffnen sollen. Wenn wir nur Marketing- und Werbeaktionen organisieren, wird nichts geschehen. Wir brauchen eine ganz deutliche Erklärung der verantwortlichen Personen – was in diesem Fall die Politiker sind, in der gesagt wird, dass sich unser Rentensystem in einem schlechten Zustand befindet.“Schuld am geringen Interesse an der zusätzlichen Rentenversicherung hat auch die politische Instabilität im Land. Die Opposition kündigte bereits an, den zweiten Pfeiler nach den kommenden Parlamentswahlen auflösen zu wollen.