17. November - schicksalhaftes Datum der tschechischen Geschichte

Nationalstraße / Narodni trida (Foto: CTK)
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Wie Sie unseren Programmen entnehmen konnten, wurde am Donnerstag, dem 17. November, ein Staatsfeiertag begangen. In den tschechischen Kalender hat er offiziell als Tag des Kampfes für Freiheit und Demokratie Einzug gefunden, indem er an zwei historische Ereignisse in der tschechischen bzw. tschechoslowakischen Geschichte erinnern soll. Mehr dazu von Jitka Mladkova:

Nationalstraße / Narodni trida  (Foto: CTK)
Angesichts des mit dem 17. November verbundenen Geschehens dürfte man ihn als einen schicksalhaften Tag in der Geschichte des Landes bezeichnen, der mal Böses und mal Gutes mit sich brachte. Zum 66. Mal jährten sich am vergangenen Donnerstag die tragischen Ereignisse der Schließung der tschechischen Hochschulen durch die deutschen Nationalsozialisten in der Nacht zum 17. November 1939. Unmittelbar darauf wurden neun Studenten ohne ein Gerichtsurteil hingerichtet, über zwölfhundert wurden in verschiedene KZs verschleppt. Ihr Andenken ehrten vor dem Hlavka - Studentenheim in Prag und in anderen Orten Tschechiens neben mehreren Spitzenpolitikern auch einige Dutzend ältere Menschen, unter ihnen Zeitzeugen. Erst zum 16. Mal hingegen jährte sich auch der Beginn jener Ereignisse, die als "Samtene Revolution" in die Geschichte eingingen. Allerdings war es auch am 17. November 1989 eine brutale Kraft, diesmal die der einheimischen kommunistischen Polizei, die gegen eine friedliche Studentendemo eingegriffen hatte und damit zur Initialzündung einer Explosion der gesamtgesellschaftlichen Unzufriedenheit wurde. Damals hat das geeinte Volk gegen die Staats- und Parteimacht demonstriert. Von dieser Einheit ist 16 Jahre danach wenig geblieben, was sich am vergangenen Donnerstag nicht zuletzt auch dadurch äußerte, dass zwar viele Politiker von damals und von heute am Ort des Geschehens Blumensträuße gelegt und Kerzen angezündet haben, aber alle schön separat. Der 17. November gilt offensichtlich nicht mehr als Anlass, dass Demokraten - ungeachtet ihrer politischen Coulleur - gemeinsam gedenken. Nachfolgend können Sie hören, was einige von ihnen gesagt haben. Staatspräsident Vaclav Klaus:

Staatspräsident Vaclav Klaus  (Foto: CTK)
"Der 17. November ist ein Schlüsseldatum unserer Geschichte und alle, die den Tag erlebt haben, wissen, denke ich, dass der Tag die Wiedergeburt der Freiheit bedeutet hat. Es ist das höchste Gut, das wir gewonnen haben."

In die Nationalstraße/Narodni trida, wo sich vor 16 Jahren alles abgespielt hatte, kam auch einer der bedeutendsten Anführer der Samtenen Revolution und der spätere Nachwendepräsident Vaclav Havel. Den historischen Tag betrachtet er in einem breiten Kontext:

"Unsere Geschichte und ihre Kontinuität gilt eigentlich zugleich als der Weg zu unserer Identität. Wir können nicht vergessen und gleichzeitig unsere Identität suchen. Wir müssen unsere Identität finden, um zu wissen, was wir heute sind, was wir gestern oder vorgestern waren und was wir Gutes oder nicht Gutes getan haben."

Nationalstraße / Narodni trida  (Foto: CTK)
Auch der Tschechische Rundfunk widmete einen Großteil seiner Programme dem begangenen Jahrestag. Was können und sollen wir machen, damit sich die Demokratie bei uns einer festen Gesundheit möglichst lange erfreuen kann? Mit dieser Frage leitete der Moderator eines der Rundfunkprogramme ein. Viele Hörer und Hörerinnen haben sich zu Wort gemeldet. Hier einige Stimmen:

"Die Demokratie stellt ein höchst kompliziertes System dar und erfordert daher ein entsprechendes Niveau der Gesellschaft. Ich bin mir nicht sicher, ob die Demokratie bei uns gut funktioniert."

Ehemaliger Präsident Vaclav Havel  (Foto: CTK)
"Wenn man sich unser Parlament anschaut, das sagt schon vieles aus. Die Demokratie funktioniert bei uns nicht so, wie es sein sollte."

"Die Herren Abgeordneten haben versprochen, ihre Einkommen zu reduzieren, doch dies ist bis heute nicht geschehen, im Gegenteil! Und wir schuften immer noch im Prinzip für dasselbe Geld wie im ehemaligen Regime."

"Vor allem die jungen Leute, die wissen nichts darüber. Jeder stellt sich unter Demokratie etwas anderes vor."

"Also ich glaube, dass man mehr an die Kinder denken sollte. Da ich selbst Kinder habe, denke ich, brauchen wir mehr Demokratie für Kinder, dass heißt nach meinen Begriffen z.B. mehr Spielplätze für Kinder und mehr Freizeit. Denn das funktioniert derzeit absolut nicht!"

Und abschließend eine Hörerstimme zum Beitrag des Tschechischen Rundfunks zur Festigung der Demokratie:

"Ich glaube, dass Sie einen sehr kleinen Beitrag leisten, da die Bolschewiken bei uns immer noch am Ruder sind. Meiner Meinung nach schleppt uns unsere ´tolle´ Regierung immer mehr nach links, und das ist nicht gut!"