Gedenken an 1989 im Zeichen politischer Spannung

Foto: ČTK/Vondrouš Roman

Am Jahrestag der Samtenen Revolution wurde vielerorts in Tschechien gegen Premier Babiš und Präsident Zeman protestiert.

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Politische Spannungen haben am Samstag in Tschechien das Gedenken an den Beginn der Samtenen Revolution vor 29 Jahren überschattet. Premier Andrej Babiš (Partei Ano) legte bereits in der Nacht einen Blumenstrauß an einem Mahnmal auf der Straße Národní třída in Prag nieder. An dem Ort waren am 17.November 1989 Studenten von der kommunistischen Miliz brutal niedergeknüppelt worden. Am Morgen warfen Aktivisten den Strauß in einen Mülleimer.

Auch die Blumen von Staatspräsident Miloš Zeman und Vize-Abgeordnetenhauschef Tomio Okamura von der Rechtsaußen-Partei SPD wurden im Abfall wiedergefunden. Wie der Tschechische Rundfunk in seinen Inlandssendungen berichtete, hat die Polizei die Ermittlungen aufgenommen.

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Der Multimilliardär Babiš steht wegen einer wiederaufgeflammten Debatte um eine Korruptionsaffäre unter Druck. Dabei geht es um Subventionen für das Wellness-Resort „Storchennest“ in Mittelböhmen. Neuerdings wird dem Gründer der Partei Ano vorgeworfen, er habe seinen Sohn auf die Halbinsel Krim entführen lassen, um zu verhindern, dass dieser im Fall „Storchennest“ aussage. Außerdem war der tschechische Regierungschef laut der slowakischen Stasi-Unterlagenbehörde wissentlich Mitarbeiter des kommunistischen Geheimdienstes StB. Zuletzt erklärte Babiš allerdings, er werde „niemals“ zurücktreten. Zeman sagte wiederum, bei einem Sturz des jetzigen Kabinetts werde er Babiš erneut mit der Regierungsbildung beauftragen.

In mehreren tschechischen Städten waren am Samstag zudem Kundgebungen gegen Babiš und Zeman angemeldet. Im südmährischen Brno / Brünn gingen am frühen Nachmittag zum Beispiel rund 1000 Menschen auf die Straße. Sie trugen Transparente mit Aufschriften wie „Gegen Lug und Betrug“ oder „Verschwinde von der Burg, Babiš ins Gefängnis“. Auch auf dem Altstädter Ring in Prag trafen sich Protestierende zu einer Kundgebung gegen die beiden genannten Politiker.

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Am 17. November wird in Tschechien an zwei Ereignisse erinnert. Zum einen ist es die brutale Niederschlagung einer friedlichen Studentendemonstration in Prag von 1989. Dies löste die demokratische Wende in der damaligen Tschechoslowakei aus. Zum anderen ist es die Schließung der tschechischsprachigen Hochschulen durch die nationalsozialistischen Besatzer im Jahr 1939. Damals verhafteten die Deutschen auch über 1200 tschechische Studierende. Neun von ihnen wurden direkt hingerichtet, die anderen kamen ins KZ Sachsenhausen.

In Erinnerung an beide Ereignisse werden daher am Abend im Nationaltheater ab 20 Uhr erneut Menschen geehrt, die sich gegen das kommunistische Regime oder gegen den Nationalsozialismus gestellt haben. Die Veranstaltung wird live im Tschechischen Fernsehen übertragen.