56. Geburtstag von Karel Kryl
Von Jaromir Zezula.
Im August 1968 beendete der Einmarsch der sowjetischen Truppen den Prager Frühling und damit begann die Zeit der "Normalisierung". Als Reaktion darauf spielten die Prager Radios ein kleines Lied des bis dahin wenig bekannten Liedermachers Karel Kryl. Das Lied trug den kindlichen Titel "Brüderchen, schließ´ das Tor" und Karel Kryl wurde über Nacht berühmt.
Dieses scheinbar naive Lied sprach den Zuhörer als den kleinen Bruder an, sprach bewusst verharmlosend davon, dass die Soldaten in eckigen eisernen Wohnwägen gekommen sind und dass die Nacht, die nun angebrochen sei, nicht kurz sein wird. Dieser geschickt eingesetzte Pathos passte zu den Gefühlen der Enttäuschung vieler Menschen. Auch Kryls nachfolgende Lieder bildeten die Umkehrung der blauäugigen Euphorie des Prager Frühlings. Bereits 1969 wurden seine Lieder verboten und Kryl musste nach Deutschland emigrieren und ließ sich in München nieder. Hier arbeitete er beim Sender Freies Europa und wurde bald durch seine Sendungen zu einer Symbolfigur des Tschechischen Exils. Obwohl seine Lieder nun in Tschechien verboten waren und man schon für den Besitz eines Tonträgers mit seiner Musik verfolgt werden konnte, genossen sie eine sehr große Popularität.
Nicht einmal die zahlreichen von der Regierung aufgestellten Störsender konnten diese Popularität aufhalten. Seine Platten wurden, zum Teil als Schlagerplatten getarnt, von Deutschland nach Tschechien geschmuggelt und dort bis zur Unkenntlichkeit von Kassette auf Kassette kopiert und weitergegeben. Kryls Lieder wurden mit der Zeit zu Volksliedern, hinter denen der Autor Kryl als Person verschwand und damit zur Legende wurde.
Erst als Karel Kryl 1989 zur Zeit der sog. Samtenen Revolution wieder in Tschechien in ausverkauften Hallen Konzerte gab, wurde das Ausmaß seiner Bekanntheit deutlich. Die Meisten konnten seine Lieder mitsingen, ohne ihn jedoch jemals vorher gesehen zu haben. Nach einer Zeit voller Hoffnung und Euphorie über den Umsturz, wandelte sich Kryl aber immer mehr zu einem Skeptiker der Samtenen Revolution. Er kritisierte vor allem den aus seiner Sicht heuchlerischen Umgang mit der kommunistischen Vergangenheit. Im Gegensatz zu anderen Exildissidenten und Intellektuellen wurde ihm kein Platz in der Politik zugestanden. Kryl wurde zu oft nur auf seine Rolle des legendären Protestsängers der 68er reduziert. Kurz vor seinem 50. Geburtstag starb Karel Kryl überraschend am 3. März 1994 in Passau an Herzversagen. Sein Tod löste eine neue Welle des Interesses für seine Peson aus und machte ihn nun endgültig zu einer Legende. Er wurde posthum mit Preisen und Ehrentiteln überhäuft und von fast allen politischen Lagern vereinnahmt.
Seine Texte und Lieder haben aber trotzdem Nichts an ihrer Schärfe und Brillanz verloren und leben bis heute als Volkslieder weiter.