60 Jahre Engagement / Jubiläumstreffen der Ackermann-Gemeinde

0:00
/
0:00

Im tschechisch-deutschen Dialog ist sie nicht mehr wegzudenken, denn sie gehört zu den langjährigen Akteuren - die von sudetendeutschen Katholiken gegründete Ackermann-Gemeinde. Während des kommunistischen Regimes hat sie die tschechoslowakische Kirche stark unterstützt. Seit der Wende von 1989 setzt sie sich intensiv für die deutsch-tschechische Versöhnung ein. Mitglieder der Ackermann-Gemeinde aus ganz Deutschland sowie zahlreiche Gäste aus Tschechien, der Slowakei sowie Polen und Bosnien-Herzegowina sind am vergangenen Wochenende beim XXX. Bundestreffen in Erfurt zusammengekommen.

Nicht nur der recht festliche Rahmen der Tagung, sondern auch die hohe Zahl von etwa 450 Teilnehmerinnen und Teilnehmern zeugten davon, dass es ein Jubiläumstreffen war. Denn die "Ackermänner" begehen in diesem Jahr ihren 60. Gründungstag. Unter den Teilnehmern der verschiedenen Diskussionen waren Politiker, Politologen, Historiker sowie Kirchenvertreter. Diskutiert wurde beispielsweise darüber, in wie weit die Kirche in Mitteleuropa wirksam ist. In Tschechien könne man ihnen zufolge über eine Art "Nischenexistenz" sprechen, die die Kirche seit der kommunistischen Ära behalten habe. Den Bundesvorsitzenden der Ackermann-Gemeinde, Adolf Ullmann, fragte ich nach den Möglichkeiten, wie seine Organisation die tschechischen Christen bei der Suche nach ihrem Platz in der pluralistischen Gesellschaft unterstützen kann:

"Wir können unsere Erfahrungen anbieten, die wir in Deutschland gemacht haben. Wir können als Ratgeber zur Seite stehen, wenn sich das unsere tschechische Partner wünschen. Allerdings sind wir schon davon überzeugt, dass die tschechische Kirche aus der Nischensituation herausfinden muss, sie muss in den öffentlichen Raum. In einer pluralistischen Gesellschaft hat die Nischenexistenz keine Bedeutung, und auch das Christentum wird dann an Bedeutung verlieren, wenn die Kirche nicht in den öffentlichen Raum tritt."

Albert-Peter Rethmann
Bei der einleitenden Podiumsdiskussion der Ackermänner wurde über europäische Nachbarschaften und Konflikte gesprochen. Welche Rolle spielen die Geschichtsbilder dabei? Professor Albert-Peter Rethmann von der Prager Karlsuniversität meinte:

"Es ist interessant, dass bei allen Angleichungen in Europa offensichtlich noch sehr unterschiedliche Geschichtsbilder bei unterschiedlichen Völkern existieren. Auf unserem Forum wurde ausgedrückt - und das fand ich einen sehr interessanten Gedanken - wenn wir in Europa zusammenwachsen wollen, dass wir uns über unsere Geschichtsbilder unterhalten. Und eine Anregung war, das nicht nur so zu tun, dass wir theoretisch über Geschichtsbilder sprechen, sondern dass wir versuchen, zum Beispiel was die deutsch-tschechischen Beziehungen angeht, Geschichten zu erzählen. Das heißt weniger theoretisch über Beziehungen zu sprechen, als einander Geschichten zu erzählen: Geschichten über das, was geschehen ist, Geschichten von den Menschen, die Geschichte erlebt haben, damit wir aus einer bunteren und breiteren Sicht der Geschichte heraus uns gemeinsam für die Zukunft in Europa engagieren können."

Foto: Autorin