Abgeordnetenhaus löst sich auf: Weg für vorgezogene Neuwahlen ist frei

Foto: ČTK

Überraschendes hat sich am Dienstag im tschechischen Parlament nicht abgespielt: Wie erwartet beschloss das Abgeordnetenhaus seine Auflösung und machte damit den Weg für vorgezogene Neuwahlen frei.

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Es wurde diesmal keine lange Debatte: Bereits nach drei Stunden Diskussion schritten die Volksvertreter zur Abstimmung über die Selbstauflösung. Für den Antrag stimmten dann 140 Abgeordnete, sieben waren dagegen. Die Selbstauflösung wurde vor allem von den Sozialdemokraten (ČSSD) und den Kommunisten (KSČM) sowie von den Abgeordneten der Partei Top 09 und der Partei der Öffentlichen Angelegenheiten unterstützt. Die Bürgerdemokraten (ODS) hatten den Saal vor der Abstimmung verlassen.

Bohuslav Sobotka  (Foto: ČTK)
Der Antrag zur Selbstauflösung der unteren Parlamentskammer war von den Sozialdemokraten und der Partei Top 09 eingebracht worden. Grund war, dass die von Staatspräsident Miloš Zeman eingesetzte Beamtenregierung nicht das Vertrauen des Abgeordnetenhauses erhalten hatte. Gleichzeitig fiel aber auch die bisherige Mehrheit der liberal-bürgerlichen Parteien in sich zusammen. Der Parteichef der Sozialdemokraten Bohuslav Sobotka begrüßt nun vorgezogene Neuwahlen:

„Die Parlamentsparteien tragen die Verantwortung für die Lösung einer politischen Krise. Nach vorgezogenen Neuwahlen wird ein neues Abgeordnetenhaus entstehen, in dem es möglich sein wird, eine neue Mehrheit zu definieren und dann ein Regierungskabinett zusammenzustellen.“

Karel Schwarzenberg  (Foto: ČTK)
Auch die konservative Partei Top 09 hielt es für erforderlich, den Weg für vorgezogene Neuwahlen zu ebnen. Parteichef Karel Schwarzenberg:

„In dem Augenblick, in dem eine Regierung ohne das Abgeordnetenhaus, nur durch den Staatspräsidenten installiert wurde, war es an der Zeit, den Willen des Abgeordnetenhauses zum Ausdruck zu bringen. Es war notwendig, dieses Experiment zu beenden.“

Die Bürgerdemokraten, die zuvor mit der Partei Top 09 die Regierungskoalition bildeten, zeigten sich jedoch skeptisch. Der amtierende ODS-Chef Martin Kuba:

Martin Kuba  (Foto: ČTK)
„Es wäre jetzt vielmehr die Pflicht der Konservativen, die linken Parteien daran zu hindern, an die Macht zu kommen. Darum haben wir vorgezogene Wahlen nicht unterstützt. Die überstürzte Auflösung des Abgeordnetenhauses kann dazu führen, dass Präsident Zeman, seine Regierung in Demission und sein Senat Gesetzesänderungen durchsetzen und dass die Kommunisten in diesem Land in ein paar Monaten wieder an die Macht kommen.“

Auch der Kommentator des Wochenmagazins „Reflex“, Bohumil Pečínka, hält vorgezogene Neuwahlen für die schlimmste Lösung der aktuellen Krise:

„Bei uns kommt es zu ernsthaften Änderungen in der Machtstruktur. Wir sollten zuvor klären, wie die Regierung zusammengestellt werden soll. Der künftige Wahlsieger wird auf dieselben Schwierigkeiten wie die bisherigen Parlamentsparteien stoßen. Der Kampf mit Miloš Zeman, wie die Form der politischen Macht hierzulande aussehen soll, müsste vor den Wahlen ausgetragen werden. Es sollten vor allem klare Regeln dafür festgelegt werden, wie das Regierungskabinett gebildet wird.“

Jetzt liegt es an Präsident Zeman, die Parlamentskammer formell aufzulösen und dann innerhalb von 60 Tagen Neuwahlen auszuschreiben. Diese Frist gibt die Verfassung vor. Zeman hatte bereits am Freitag angekündigt, dass Neuwahlen am 25. und 26. Oktober stattfinden könnten.