Ablösung des ersten tschechischen EU-Kommissars so gut wie fix
Nur ein halbes Jahr lang wird die Amtszeit von Pavel Telicka, dem ersten tschechischen EU-Kommissar, insgesamt dauern. Denn die Entscheidung, dass ihn bereits im November der bisherige Premierminister Vladimir Spidla ablösen wird, die ist so gut fix. Und die Tatsache, dass Telicka für seine Tätigkeit viel Lob geerntet hat, macht die Situation für niemanden leichter. Mehr von Gerald Schubert:
In der derzeit aufgewühlten politischen Landschaft der Tschechischen Republik, die kurz vor der Bildung einer neuen Regierung steht, kommentieren Politiker Neuigkeiten meist nur mit einiger Zurückhaltung. Im Zuge der inhaltlichen Debatten und vor allem im Zusammenhang mit den bevorstehenden Personalrochaden hängt so gut wie Alles mit Allem zusammen. Und da ist eben Vorsicht angesagt.
Auch als am vergangenen Donnerstag bekannt geworden war, dass die Spitzen der tschechischen Regierungsparteien den scheidenden Premierminister Vladimír Spidla als neuen tschechischen EU-Kommissar vorschlagen, ließen offizielle Reaktionen eine Zeitlang auf sich warten. Mittlerweile aber ist Spidla in dieser Angelegenheit vor die Presse getreten:"Ich habe dieses Angebot nicht abgelehnt, und dazu stehe ich ganz klar. Gleichzeitig zweifle ich nicht daran, dass diese Tätigkeit enormen Einsatz fordern wird. Mein Entschluss ist einstweilen aber nur vorläufig. Denn entscheidend wird erst die Bestätigung durch die tschechische Regierung sein."
Nachdem sich die Chefs der im Kabinett vertretenen Parteien, also der Sozialdemokraten, der Christdemokraten und der liberalen Freiheitsunion bereits auf Spidla geeinigt haben, dürfte diese Bestätigung aber lediglich formellen Charakter haben. Denn die neue Regierungskoalition wird sich aus denselben Parteien zusammensetzen wie die alte. Und daher hat der gegenwärtige Kommissar Telicka wohl auch Recht, wenn er sagt:
"Mir bleibt nichts anderes übrig, als das zur Kenntnis zu nehmen. Aber natürlich erwartete ich mir schon ein Treffen mit dem designierten Vorsitzenden der Sozialdemokratischen Partei, Stanislav Gross, bei dem ich offiziell über diese Entscheidung informiert werde. Und auch über die Gründe, die dazu geführt haben. Erst dann werde ich in der Lage sein darüber nachzudenken, wie es weitergeht, wie ich die Situation bewerten soll, und was ich künftig machen werde."
Soweit Pavel Telicka am Montag aus Brüssel gegenüber Radio Prag. Seine europapolitische Kompetenz hat Telicka übrigens kaum jemand abgesprochen. Nur die Christdemokraten sägen schon länger an seinem Stuhl - allerdings hauptsächlich wegen seiner kommunistischen Vergangenheit in Jugendjahren und nicht wegen mangelnder Eignung oder Glaubwürdigkeit in der Gegenwart. Und so entsteht in Tschechien langsam das Bild, dass für Vladimír Spidla lediglich ein Versorgungsposten gefunden werden sollte. Ein recht unscharfes Bild allerdings. Denn Spidla ist in Brüssel für seine ausgesprochen pro-europäische Linie gut bekannt und war als Premier außenpolitisch sehr erfolgreich. Und der Sprecher der EU-Kommission, Reijo Kempinnen, hat bereits verlautbart: Menschen mit großem politischem Gewicht wie etwa ehemalige Regierungschefs würden das Ansehen der Kommission auf jeden Fall stärken.