„Affäre Morava“ soll von parlamentarischer Kommission untersucht werden
Der Herbst ist mithin eine stürmische Jahreszeit. Kein Wunder, dass ausgerechnet am ersten Herbsttag ein Sturm der Entrüstung quer durch alle Fraktionen auf der Sitzung des tschechischen Abgeordnetenhauses fegte. Hintergrund ist die Erpressungsaffäre um den ehemaligen ODS-Abgeordneten Jan Morava, die Anfang September ans Licht kam. Nun haben die Abgeordneten beschlossen, in dieser Angelegenheit, eine parlamentarische Untersuchungskommission einzusetzen.
In der so genannten Erpressungsaffäre hatte der junge Abgeordnete Jan Morava einer TV-Reportage zufolge versucht, kompromittierendes Material gegen seine Parteikollegen zu sammeln. In diese Affäre verstrickt ist auch der ehemalige Finanzminister und ODS-Abgeordnete Vlastimil Tlustý, der von sich intime Fotos machen ließ, um damit andere zu ködern. Unter dem Druck der harschen Kritik, die es nach der Berichterstattung über diese Machenschaften hagelte, hat Morava inzwischen sein Abgeordnetenmandat niedergelegt. Vlastimil Tlustý hingegen sträubt sich, einen ähnlichen Schritt zu tun:
„Ich werde nirgendwo austreten, weder aus der ODS, noch aus dem Parlament, noch aus der Fraktion. Ich will, dass alle Mitschnitte, die im Rahmen der Affäre Morava gemacht wurden, veröffentlicht werden. Zudem habe ich Strafanzeige erstattet gegen die Verleumdung, dass ich jedweden habe abhören lassen. Das habe ich nicht getan und deshalb werde ich Anzeige erstatten gegen einige Redakteure des TV-Kanals Nova, der Tageszeitung Mladá fronta Dnes und gegen Premierminister Topolánek für die Verleumdung in der Affäre Mrázek.“
Innerhalb seiner Partei hat Tlustý aber mittlerweile, außer bei den Mitgliedern seiner Grundorganisation in Rakovník, keine Fürsprecher mehr. Premierminister Mirek Topolánek ließ deutlich wissen:„Die heutige Verhandlung in der Fraktion hat gezeigt, dass faktisch niemand mehr mit Vlastimil Tlustý in der Fraktion zusammensitzen will. Die innerparteilichen Mechanismen ermöglichen es nicht, Vlastimil Tlustý auf direktem Wege aus der Partei auszuschließen. Das können und wollen wir auch nicht. Aber Vlastimil Tlustý sollte dahin kommen, aus seinem Handeln die entsprechenden Konsequenzen zu ziehen. Das hat er aber (bisher) nicht getan.“
Der Vorschlag zur Bildung der parlamentarischen Untersuchungskommission im Fall Morava wurde von den Sozialdemokraten (ČSSD) eingebracht. Mit den Stimmen einiger derzeit mit der Situation unzufriedener Abgeordneter der Regierungskoalition ist es dann gelungen, den Vorschlag durchzubringen. Eine Tatsache, die auch den Sozialdemokraten Jeroným Tejc zufrieden stellte:
„Ich bin zufrieden, dass die Bildung einer parlamentarischen Untersuchungskommission beschlossen wurde. Selbstverständlich wollen wir alles aufklären, was hinter den Handlungen des ehemaligen Abgeordneten Jan Morava gesteckt hat. Und wir werden prüfen, ob er wirklich der Einzige war, der so gehandelt hat. Vor allem aber werden wir der Sache nachgehen, ob Erpressungsversuche auch gegenüber sozialdemokratischen Abgeordneten stattfanden, die ihre Meinung geändert und für die Koalition gestimmt haben. Zum Beispiel die Herren Melčák und Pohánka.“
Die Kommission soll ihre Untersuchungsergebnisse bis Juni nächsten Jahres vorlegen.