Erpressungsaffäre schlägt hohe Wellen in Politszene

Jan Morava (Foto: ČTK)

Dass ein heißer Herbst in der Politszene in Sicht ist, wusste man in Tschechien bereits seit einiger Zeit. Immerhin stehen im Oktober Senats- und Regionalwahlen an. Kaum ist die Aufregung rund um den Parteitag der Grünen vorbei, steht die größte Regierungspartei im Zentrum des Interesses. Sie hätten sich den Wahlkampf-Auftakt aber wohl anders vorgestellt. Es geht um die Erpressungsaffäre, in die zwei bürgerdemokratische Abgeordnete verwickelt sind.

Am Anfang stand eine Absprache zwischen dem privaten Fernsehsender NOVA und dem bürgerdemokratischen Abgeordneten Vlastimil Tlustý, sich in einer Badewanne mit einer Frau filmen zu lassen. Das als authentisch präsentierte Dokument über sein erotisches Leben sollte anschließend Politikern angeboten werden, was auch geschehen ist. Tlustý, der als Anführer einer Oppositionsplattform innerhalb der ODS gilt, wollte angeblich vor allem die Reaktionen ausgewählter Parteikollegen prüfen. Die NOVA freute sich wiederum auf eine für ihre Zuschauer attraktive Reportage, die einen Einblick hinter die Kulissen der Politszene vermitteln sollte.

Jan Morava  (Foto: ČTK)
Im Netz ist aber nur ein ODS-Abgeordneter gefangen geblieben – Jan Morava. Das vermeintlich „kompromittierende“ Fotomaterial bot er prompt der Tageszeitung Mlada fronta Dnes an, die darüber berichtete. Im Anschluss daran brachte der TV-Sender Nova eine zum Teil auch mit versteckter Kamera gedrehte Reportage. Es zeigte sich, dass der Bürgerdemokrat Morava auch andere Fotounterlagen vorbereitete, mit denen er die kontroverse Abgeordnete der Grünen, Olga Zubová, erpressen wollte. Die Affäre war also auf der Welt und hat unzählige Äußerungen vieler Politiker jeder Couleur ausgelöst.

Am Montag hat Morava auf sein Abgeordnetenmandat verzichtet und verlässt die politische Szene. Vlastimil Tlustý argumentiert, nur ein Lockvogel gewesen zu sein. Er wolle daher nicht den Aufruf seines Parteichefs Topolánek befolgen, dasselbe zu tun. Einem großen Druck ist aber auch der ODS-Fraktionschef Petr Tluchoř ausgesetzt, da er Morava zufolge über das „NOVA-Tlustý“- Projekt gewusst haben soll. Morava will ihn via SMS informiert haben. Tluchoř sieht es aber anders:

„Ich habe die ganze Angelegenheit eher für einen Scherz gehalten und habe auch entsprechend reagiert. Meine SMS-Antwort habe ich in meinem Archiv gefunden und werde sie zur Verfügung stellen. Es stimmt, dass ich dem Kollegen Morava empfohlen habe, sich einen Kontakt zu den Anbietern zu verschaffen, um zu wissen, worum es geht.“

Tluchoř streitet seine angebliche Beteiligung an der Skandalgeschichte bei jeder Gelegenheit ab. Er weist auch jede Schuld zurück mit der Feststellung:

„Es liegt in niemandes Kräften, die Kontrolle über 81 Leute zu haben.“

Nicht alle in der ODS teilen seine Meinung. Jan Schwippel, einer der ODS-Rebellen, behauptet:

„Das Vorgehen von Herrn Tluchoř halte ich für ein großes Versagen, weil er informiert war und nichts dagegen unternommen hat.“

Reichhaltigen Stoff, aus dem man politisches Kapital schlagen kann, bietet die Affäre natürlich auch der Opposition:

„Diese Regierungskoalition hat die tschechische, politische Kultur auf das niedrigste Nieveau in der Geschichte der demokratischen Tschechischen und der Tschechoslowakischen Republik gebracht.“

Nach den Kommunalwahlen will der sozialdemokratische Parteichef Jiří Paroubek eine Vertrauensabstimmung über die Regierung im Abgeordnetenhaus initiieren. Eine Zusage, sich anzuschließen, kam bereits von den Kommunisten.