Koalition unter Druck – Sozialdemokraten erwägen Misstrauensvotum

Jan Morava und Vlastimil Tlustý

In etwa einem Monat finden in Tschechien Senats- und Regionalwahlen statt. Die Nerven in der tschechischen Politszene liegen jetzt schon blank. Die Affäre um die bürgerdemokratischen Abgeordneten Jan Morava und Vlastimil Tlustý hat sich zu einer Regierungskrise ausgeweitet. Daraus möchten nun die oppositionellen Sozialdemokraten politisches Kapital schlagen. Patrick Gschwend berichtet.

Zdeněk Škromach
Die Sozialdemokraten wollen im Parlament die Einrichtung einer Untersuchungskommission vorschlagen, die sich mit dem Fall Morava / Tlustý befassen soll. Zudem streben sie ein Misstrauensvotum gegen die von der ODS geführte Regierung an – unmittelbar nach den Wahlen im Oktober. Dies würde notwendig, wenn die Wähler der ODS ein klares Nein bei den Sentas- und Regionalwahlen aussprechen würden. So der sozialdemokratische Parlamentsabgeordnete Zdeněk Škromach.

„Die Regierung Topolánek sollte aber eher den Mut finden, selber um das Vertrauen zu ersuchen. Wenn Topolánek sich sicher ist, dass er genügend Abgeordnete auf seiner Seite hat, wäre das die beste Lösung. Dann könnte seine Regierung ja in Ruhe weiterarbeiten.“

Innenminister Ivan Langer von der ODS sieht die Wahlen im Oktober allerdings nicht als Referendum über den Umgang seiner Partei mit der Affäre. Zudem sei dies keine Angelegenheit des Parlaments, sondern der Koalition. Eine parlamentarische Untersuchungskommission lehnt er ab.

Jan Schwippel  (Foto: ČTK)
„Ich würde es als angebracht ansehen, dass die Koalition sich wegen dieser Dinge trifft. Dass unsere Koalitionspartner klar hören, wofür die ODS steht.“

Dem widerspricht sein Parteikollege, der Abgeordnete Jan Schwippel.

„Als erstes glaube ich, dass diese Dinge eine Angelegenheit des Parlamentes sind, denn die Dinge, um die es geht, sind sehr ernst. Zum zweiten garantiert das bisherige Vorgehen der ODS-Führung meiner Meinung nach keine seriöse Herangehensweise an die Affäre.“

Ivan Langer  (Foto: ČTK)
Im Hinblick auf ein mögliches Misstrauensvotum im Parlament, kommen also auf die Koalition Schwierigkeiten zu, die eigenen Abgeordneten hinter sich zu bringen. Innenminister Langer lehnt es aber vehement ab, in diesem Zusammenhang mit dem Parteirebellen Vlastimil Tlustý zu verhandeln.

„Es liegt in der Verantwortung Vlastimil Tlustýs, wie er abstimmt. Diese Regierung wird nicht vor ihm knien und ihn um Unterstützung bitten. Lieber keine Regierung als eine, die vor Vlastimil Tlustý knien würde.“

Unterdessen hat Premier Mirek Topolánek den Aussagen von Präsident Václav Klaus widersprochen. Der hatte in der vergangenen Woche beklagt, dass die politische Kultur in Tschechien zu einem reinen Machtkampf verkommen sei. Topolánek sagte, es sei keinesfalls so, dass der Politik die Ideen und Inhalte fehlen würden. Wie gut die Ideen seiner Partei, der OSD, sind, die derzeitige Krise zu meistern, wird der kommende Monat zeigen.