Affenpocken in Tschechien: Wissenschaftler sehen keine Gefahr einer Epidemie
Seit Anfang Mai werden in einigen europäischen Ländern Fälle der Affenpocken gemeldet. Nun wurde auch die erste Infektion in Tschechien bestätigt.
Am Dienstagmittag wurde die erste Infektion hierzulande gemeldet. Štěpánka Čechová vom Staatlichen Gesundheitsinstitut (SZÚ) sagte dazu:
„Im Nationalen Referenzlabor sind drei Proben von unterschiedlichen Personen eingegangen. Eine davon erwies sich als vorläufig positiv. Das Gesundheitsamt Prag hat bereits zum Zeitpunkt des Verdachtes entsprechende Schritte eingeleitet. So wurden die Risikokontakte der Erkrankten ausfindig gemacht. Zudem wurden entsprechende Maßnahmen zur Verhinderung einer Epidemie verhängt.“
Zum positiven Befund der Person sagte die Sprecherin aber ergänzend: „Das Testergebnis muss noch mittels eines PCR-Tests oder einer Genomsequenzierung bestätigt oder widerlegt werden. Das abschließende Ergebnis sollte nächste Woche vorliegen.“
Die beiden weiteren Fälle wurden zwar als negativ ausgewertet, am Mittwoch wurde aber bekannt, dass eine zweite Person in Tschechien infiziert sein könnte. Sie war mit dem Fall von Dienstag in Kontakt.
Der erste infizierte Patient wird derzeit im Prager Militärkrankenhaus behandelt und ist dort isoliert. Wie das Spital informierte, leide er an dem für die Krankheit typischen Ausschlag, zudem an Fieber und Kopfschmerzen. Die Ansteckung sei höchstwahrscheinlich auf einem Musikfestival in Belgien erfolgt.
Aber was sind die Affenpocken, und wie gefährlich können sie sein? Die Viruskrankheit äußert sich vor allem durch verkrustete Hautpusteln. Hinzu kommen oft Fieber oder geschwollene Lymphknoten. Die Erkrankung war zunächst nur bei Tieren bekannt. Eine erste Infektion bei einem Menschen wurde in den 1970er Jahren in der Demokratischen Republik Kongo festgestellt. Die Affenpocken waren anschließend in west- und zentralafrikanischen Ländern verbreitet, in den vergangenen Wochen wurden jedoch auch erste Fälle aus Europa gemeldet. Bisherige Impfstoffe gegen Pocken lassen sich ersten Informationen zufolge auch gegen die Affenpocken anwenden.
Pavel Dlouhý leitet die Abteilung für Infektiologie der tschechischen Ärztekammer. In den Inlandssendungen des Tschechischen Rundfunks sprach er am Dienstag über die Übertragungswege der Affenpocken:
„Zu einer Ansteckung via Tröpfcheninfektion kann es nur bei sehr nahem Körperkontakt kommen. Der Abstand darf nicht mehr als etwa einen Meter betragen, und diese Begegnung muss über längere Zeit bestanden haben. Die EU spricht von acht Stunden. Vor alltäglichem Kontakt mit anderen Menschen, etwa in Verkehrsmitteln, Supermärkten oder am Arbeitsplatz, muss man keine Angst haben.“
Die Ansteckung erfolgt eher über Körperflüssigkeiten, also etwa bei Sexualkontakten. Zudem kann die Krankheit über den Hautschorf der Infizierten weitergegeben werden. Aufgrund des Übertragungsweges ist die Gefahr für eine Epidemie laut Pavel Dlouhý nicht sehr groß:
„Ich denke nicht, dass wir allzu große Angst haben sollten. Die europäischen Institutionen erwarten eher Dutzende oder ein paar Hundert Infektionen – nicht Tausende oder gar eine zweite Epidemie wie bei Corona.“
Zudem ist die Sterblichkeit bei den mit Affenpocken infizierten Menschen nicht sonderlich hoch. Studien aus Afrika zufolge starben dort 3,7 Prozent aller Infizierten. Eine besonders aggressive Mutation soll dem deutschen Robert-Koch-Institut zufolge zwar eine Letalität von elf Prozent erreicht haben, die Daten aus Afrika ließen sich aufgrund der Unterschiede im Gesundheitssystem jedoch nicht einfach auf den europäischen Kontext übertragen. Bei einem Ausbruch in den USA im Jahr 2003 verstarb keine der 50 infizierten Personen.
Dennoch sollten infizierte Personen für einen Zeitraum von drei Wochen isoliert werden, sagt der Epidemiologe und ehemalige Gesundheitsminister Roman Prymula:
„Es besteht ein gewisses Risiko für eine Ansteckung. Deshalb werden gerade entsprechende Maßnahmen vorbereitet. So sollen infizierte Personen und Menschen mit einem Verdacht auf die Krankheit für 21 Tage in Isolation sein. Dadurch soll der Kontakt mit anderen Menschen und eine Weiterverbreitung der Krankheit verhindert werden.“
Doch auch Roman Prymula befürchtet keinen flächendeckenden Ausbruch der Affenpocken in Tschechien.