Agenten im Verteidigungsministerium 2

Stanislav Gross

Die Suche geht weiter und das gleich in mehrfacher Hinsicht: Zum einen sucht das Innenministerium nach weiteren Behördenmitarbeitern, die Anfang der neunziger Jahre mit falschen Unbedenklichkeitserklärungen ausgestattet wurden, obwohl oder vielleicht auch weil sie zuvor als Agenten für den Staatssicherheitsdienst tätig waren. Zum zweiten sucht man in der politischen Szene des Landes nach Jenen, die für die Ausstellung der falschen Papiere verantwortlich zeichnen. Und zu guter Letzt fahndet man intensiv danach, in welchen Ämtern und Behörden sich die ehemaligen Spitzel heute verbergen könnten. Wie weit die einzelnen Suchaktionen bisher gediehen sind, erfahren Sie von Olaf Barth.

Innenminister Stanislav Gross erklärte am Montag auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Verteidigungsminister Jaroslav Tvrdik, allein das ehemalige föderale Innenministerium (also das tschechoslowakische) sei für die fälschlich ausgestellten Papiere verantwortlich. Ministerialbeamte hätten damals Unbedenklichkeitserklärungen herausgegeben, noch bevor sämtliche Unterlagen aus dem Verteidigungsministerium eingegangen waren. Man habe mittlerweile Anzeige wegen Amtsmissbrauchs erstattet. Eine Sonderkommission seines Ministeriums werde zudem alle 150 000 Unbedenklichkeitserklärungen ehemaliger Geheimdienstmitarbeiter untersuchen, erklärte der Innenminister weiter. Bei 5000 am Wochenende durchgeführten Neuprüfungen habe man 6 weitere Fälle aufgedeckt. Die beiden Minister einigten sich auf eine enge Zusammenarbeit ihrer beiden Ressorts bei der Aufklärung der Hintergründe dieses Skandals, denn, so Gross:

Jaroslav Tvrdik
"Es liegt sowohl im Interesse des Innen- als auch des Verteidigungsministeriums, dass alle Probleme, die in diesem Zusammenhang aufgetaucht sind und die in den Jahren 91/92 begangen wurden, aufgeklärt und korrigiert werden."

Verteidigungsminister Tvrdik kündigte an, sich in dieser Angelegenheit mit seinem slowakischen Amtskollegen Josef Stanko in Verbindung zu setzen. Keine weiteren Ergebnisse gab es bezüglich der Frage, wie viele Mitarbeiter des Verteidigungsministeriums solche falschen Zeugnisse bekamen und in welchen Funktionen und Ämtern jene heute tätig sind. Der Verteidigungsminister vermied es, genaue Zahlen zu nennen.

Eine Sprecherin des Außenministeriums wollte am Montag aber nicht ausschließen, dass auch in diesem Amt, Angestellte mit gefälschten Lustrationspapieren anzutreffen sein.

Bisher wurde die Verantwortung hauptsächlich dem damaligen föderalen Vizeinnenminister und heutigen Vizesenatsvorsitzenden, Jan Ruml, angelastet. Der setzte sich gegen die Vorwürfe zur Wehr, schließlich sei er in dem fraglichen Zeitraum für die Polizeieinheiten der Föderation zuständig gewesen. Die Lustrationsfrage, also die Beurteilung der Unbedenklichkeit von Behördenmitarbeitern, habe aber zu den Obliegenheiten des damaligen Innenministers Jan Langos und dessen Nachfolger Petr Cermak gehört.

Und zur Kritik an seiner Person sagte Ruml:

"Die gegen meine Person gerichteten Anschuldigungen, vor allem seitens Herrn Klaus und Herrn Zemans, kann ich nur als politische Angriffe bezeichnen - mit dem Ziel, meine Person und meine Arbeit unglaubwürdig zu machen."

Laut Ruml hingen die Anschuldigungen gegen ihn mit den bereits beginnenden Wahlkampagnen zu den Parlamentswahlen 2002 zusammen.

Autor: Olaf Barth
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