Albrecht von Waldstein - Ideal und Wirklichkeit in der Geschichte
Was macht Albrecht von Waldstein (oder Wallenstein) zu einem der umstrittensten und zugleich am meisten beachteten Persönlichkeiten des 17. Jahrhunderts? Bereits zu seiner Zeit stritten sich die Geister, ob er nun ein genialer Heerführer oder hinterlistiger Verräter war.
Wer war Albrecht von Waldstein? Waren seine Ziele und Ideale seiner Zeit voraus, als er versuchte wirtschaftliche Interessen sowie Kriegsführung und Friedensbestrebungen miteinander zu verknüpfen? Oder unterlagen seine Vorstellungen einem Wahn von Macht und Erfolg, dem sich alles und alle unterzuordnen hatte? In den zahlreichen Veröffentlichungen wird Waldstein in der Regel zwar als überdurchschnittlich fähiger, aber zugleich ehrgeiziger und grausamer Mensch dargestellt, dem sein Machtbestreben eine einzigartige Karriere, aber auch ein tragisches Ende bescherte. Kamila Bendová, die gelernte Mathematikerin und Frau des 1999 verstorbenen Dissidenten Václav Benda, kam in ihrer langjährigen Beschäftigung mit der Person Waldsteins zu einer besonderen Wertung seiner Ideale:
"Dass er einer der entscheidenden Persönlichkeiten in der Geschichte des 17. Jahrhunderts war, war allein seinen Verdiensten und seinen Fähigkeiten zu verdanken. Angesichts der hohen Position, die er erreichte, gab es viele menschliche Momente in seinem Leben, die einfach bewundernswert sind: dass er großzügig war, dass er sich auf unglaubliche Art und Weise um seinen Herrschaftssitz kümmerte. Man sagte von ihm, dass er wusste, wie viele Hühner in welchem Dorf waren. Auch war er großzügig seinen Feinden gegenüber und in der Lage, seine tapferen Soldaten auszuzeichnen und zu vergüten. Er wusste, dass das Leben eines Soldaten teuer ist und wie teuer es ist, einen Soldaten zu bewaffnen, und wie wichtig es ist, dass er nicht stirbt."Am 14. September 1583 in bescheidene Verhältnisse hineingeboren, versprach die Kindheit Albrecht von Waldsteins alles andere als den erfolgreichen Werdegang eines kaiserlichen Generals, der über zehn Jahre lang ein Heer von mehreren zehntausend Soldaten befahl. Der Sohn einer armen, protestantischen Adelsfamilie verwaiste bereits mit zwölf Jahren und wuchs bei einem Vormund auf. Nach Studium und Auslandsaufenthalt entschloss sich Waldstein zum katholischen Glauben überzutreten. Rechnete sich der gerade zum Oberst der böhmischen Stände ernannte 24-Jährige größere Chancen dadurch aus, oder machte sich der zunehmende Einfluss der Jesuiten auf den jungen Mann bemerkbar? Kamila Bendova berichtet von einem Ereignis, dem die Glaubenswende vorausging:
"Darüber gibt es eine eigenartige Legende, die erzählt, dass Waldstein, als er in Italien war, einmal am Fenster saß und einschlief. Und aus diesem Fenster fiel er. Bei dieser Gelegenheit wandte er sich in einem Blitzgebet an die Jungfrau Maria - und zur Jungfrau Maria beten nur die Katholiken und nicht die Protestanten. Und weil ihm nichts passiert ist, bedeutete das für ihn ein Wendepunkt in seinem Leben. So wurde er zum Katholiken."Sogar auf den großen Schlachtfeldern des Dreißigjährigen Krieges hielt Waldstein am katholischen Glauben fest, wie Kamila Bendov bestätigt:
"Es existiert Waldsteins tragbarer Altar, an dem immer zu Beginn einer Schlacht die Messe gehalten wurde. Mich fasziniert daran, dass dort die Messe nicht nur zum Siegen gehalten wurde, sondern auch für alle Gefallenen - die aus den eigenen Reihen und die der Feinde. Das bedeutet, dass Waldstein bestimmt eine Beziehung dazu hatte, dass Menschen sterben. Warum sollten wir ihm nicht glauben, dass er Frieden wollte?"
Der aufstrebenden Feldherr Waldstein, der sich 1623 erboten hatte auf eigene Kosten und späterer Bezahlung ein Heer von mindestens 20.000 Soldaten aufzustellen, sollte bereits zwei Jahre später Gelegenheit bekommen, seinen Friedenswillen unter Beweis zu stellen. Das geschah, als seine Armee im Dänischen Krieg gegen die evangelischen Verbündeten gewann. Kamila Bendova sieht in der Bereitschaft zur Großzügigkeit eine der herausragenden Charaktereigenschaften des Menschen und Politikers Waldstein:
"Wichtig ist, wenn eine Seite gegen die andere gewinnt, dass sie großzügig ist und sich bewusst macht, dass auch die andere Seite gekämpft und ehrenhaft verloren hat. Dann wird ein Friede gefunden, der gegenüber der anderen Seite Achtung bewahrt und Ehre oder das Verständnis, dass es ein ernster Gegner war. Ich glaube, dass Waldstein dies im so genannten Lübecker Frieden umsetzte, der ein Frieden zwischen dem Kaiser und König Christian, dem König Dänemarks war."
Symbolisch klingt der Name von Waldsteins Herzogtum Friedland (Frydlant), das ihm vom Kaiser für seine Verdienste verliehen wurde und auf dem er sowohl mit seiner ersten Frau Lukrecia, als auch mit seiner zweiten Frau Isabela und Tochter Elisabeth lebte. Doch die Gunst des Kaisers fand im Jahr 1630 ein Ende. Als Waldstein sein Missfallen gegen das geplante Restitutionsgesetz ausdrückte, das die Rückgabe aller Güter an die katholische Kirche vorsah, wurde er rücksichtslos von Ferdinand II. abgesetzt. Äußerlich gelassen, aber im Inneren zutiefst getroffen, beugte er sich dem Befehl. Doch von der Zeit an fand er sich hin und her gerissen zwischen den eigenen Idealen und der Loyalität zum Kaiser. Diese innere Zerrissenheit sollte ihn - trotz großer Siege - bis zu seinem gewaltsamen Tod nicht mehr verlassen. Als der schwerkranke und kampfesmüde Waldstein sich am 26. Februar 1634 in Eger niederlegte, ließ man ihn von kaisertreuen Offizieren ermorden.
Von den Idealen, die den jungen Albrecht von Waldstein bewegt hatten, blieb am Ende nur der fromme Wunsch nach Frieden. Das Ende des Dreißigjährigen Krieges sollte jedoch noch über ein weiteres Jahrzehnt auf sich warten lassen.
Dieser Beitrag wurde am 12. Dezember 2009 gesendet. Heute konnten Sie seine Wiederholung hören.