Alte Musik, traditionelle Konzerte und Kultfilme aus Tschechien

Foto: Tschechisches Fernsehen

Von Nord nach Süd – in diesen Wochen wird dem an Tschechien interessierten Publikum in Deutschland und Österreich viel geboten. Angefangen im Nordosten Deutschlands mit der ganzen musikalischen Bandbreite der Uckermärkischen Musikwochen. Anschließend folgen die gemütlichen Bayerisch-Böhmischen Kulturtage in Schloss Buchenau. Das digitale Schlusslicht bildet das Filmfestival frameout in Wien.

Rückbesinnung zu den europäischen Wurzeln bei den Uckermärkischen Musikwochen

Dieses Jahr vom 13. August bis 04. September finden wieder die Uckermärkischen Musikwochen in Brandenburg statt. Dieses Sommer-Festival wird schon seit 1992 ausgerichtet und erfreut sich noch immer großer Beliebtheit. Dabei sind nicht nur Musikensembles aus Deutschland vertreten. Seit 1998 bietet die Uckermark auch Raum für tschechische Musiker. Der Organisator der Uckermärkischen Festivalwochen, Christoph Wichtmann, erklärt, was sie so besonders macht:

„Wir hatten 1998 schon das erste Mal Gäste aus Tschechien. Damals war es ein Mädchenchor. Danach hatten wir mehrere Jahre hintereinander Kammermusik- Ensembles aus Tschechien. Das führte dann auch dazu, dass seit über 10 Jahren jedes zweite Mal das Eröffnungskonzert der Uckermärkischen Musikwochen von tschechischen Barockorchestern oder Renaissance Ensembles bestritten wird. Wir waren immer begeistert über die Qualität der Ensembles und deren Programme.“

Cappella Mariana  (Foto: YouTube Kanal des Tschechischen Rundfunks)
Insgesamt werden 22 Konzerte an 22 interessanten Orten veranstaltet. Dabei darf sich der Besucher auf ungewöhnliche Veranstaltungsorte freuen, wie eine Dorfkirche, eine Scheune oder einen Kuhstall. Vor allem wird dieses Jahr wieder das tschechische Vokalquartett „Cappella Marianna“ einen Platz auf einer der uckermärkischen Bühnen finden.

„Die „Cappella Marianna“ war in einer größeren Besetzung, als Vokalensemble plus Instrumental-Ensemble schon vor ein paar Jahren zu Gast. Da haben sie die Uckermärkischen Musikwochen eröffnet. Mit einem Programm „Prager Magna“ um Rudolf II. In diesem Jahr sind sie als Männervokal Quartett etwas kleiner zu Gast und singen in der Dorfkirche Dauer bei Prenzlau ein Programm rund um das Hohe Lied der Liebe Solomons. Den ersten Auftritt der Cappella damals war einfach toll. Es war ein grandioses Eröffnungskonzert und da sind wir leicht zu überreden ein zweites Mal diese Musiker einzuladen.“

Ivana Bilej Brouková  (Foto: Archiv von Ivana Bilej Brouková)
Neben dem Vokalensemble „Cappella Marianna“ folgen zwei weitere Musiker-Duos aus Tschechien. Zum einen sind das Ivana Bilej Brouková und Katerina Ghannudi. Sie werden am Sonntag, den 28. August, einige Liebeslieder aus der böhmischen Lobkowitz-Bibliothek singen. Begleitet werden die Sängerinnen dabei von Harfenklängen. Zum anderen spielt am 21. August das tschechische Streichensemble von John Holloway und Monica Knoblochová bekannte Violinsonaten von Bach und Mozart.

Dennoch weiß Christoph Wichtmann, dass die Klänge der Alten Musik keine nationalen Grenzen kannten und kennen:

Monika Knoblochová  (Foto: Tschechisches Fernsehen)
„Hier an der Kombination von John Holloway und Monica Knoblochová, ist gut erkennbar, das häufig eben auch die tschechischen Ensembles gar nicht so tschechisch sind, sondern sehr europäisch. Das entspricht auch der alten Musik. Diese Musik war nicht national. Es war eine europäische Musik, wo die Schwerpunkte von Land zu Land wanderten. Und so haben wir das heute auch auf dem Festival. Auf einem Podium haben wir nicht nur Musiker aus verschiedenen Ländern mit verschiedenen Konzerten, sondern bei einem Konzert tun sich alle europäischen Musiker zusammen, um dort auf der Bühne gemeinsam zu spielen.“

Wiederbelebung alter Traditionen dank der Bayerisch-Böhmischen Kulturtage

Schloss Buchenau  (Foto: Schenck,  CC BY-SA 3.0)
Das diesjährige Bayerisch- Böhmische Kulturfest findet auf Schloss Buchenau statt. Dieser Ort zeichnet sich durch jahrhundertlange Verbindungen zum benachbarten Böhmen aus. Der Organisator und Vorsitzende des Vereins Förderkreis Schloss Buchenau, Roman Eder, schwört auf alte Traditionen. Diese sind vor allem durch den Handel mit Glas entstanden.

„Vor allem zwischen 1850 und 1930 gab es eine enge Verbindung zum benachbarten Böhmen, speziell zur Pfarrei Stubenbach. Dabei sind die Glasmacher aus diesem Ort nach Buchenau gependelt. Das war für uns der Anlass die Bayerisch-Böhmischen Kulturtage auszurichten. Denn wenn man schon so nah an der Grenze wohnt und wir diese gemeinsame Geschichte haben, dann sollten wir uns auf unsere alten Themen wie den Austausch mit Glas und Kochkunst zurückbesinnen. Wir sollten unser Wissen wieder aktivieren.“

Ein historisch einschneidender Moment, der die Freundschaft langjährig belastete, war die Vertreibung der Deutschböhmen aus ihrer Heimat nach dem zweiten Weltkrieg. Viele der Vertriebenen fanden ein neues Zuhause in Buchenau. Dennoch sind die Beziehungen zum Erliegen gekommen. Auch Roman Eder verbindet damit persönliche Erinnerungen.

„Ich bin in Buchenau aufgewachsen. Mein Vater war der letzte Schullehrer in diesem Dorf und ich bin mit den Erzählungen von Heimatvertriebenen aufgewachsen. Mehr als die Hälfte der Bevölkerung in unserem kleinen Dorf sind Heimatvertriebene, die früher irgendwo in den Gebieten von Stubenbach, Rehberg, Gsenget und Filda gelebt haben und später vertrieben worden sind. Und das waren immer die Erzählungen, die mich als Kind schon so beeindruckt haben. Es ist für mich einfach eine ganz persönliche Herzensangelegenheit gewesen, hier wieder Verbindungen herzustellen.“

Lenka Ovčáčková | Foto: Martina Schneibergová,  Radio Prague International
Zu diesem Zweck wird nun ein Sommerfest veranstaltet, das alte Bänder neu knüpfen soll. Hierfür bekommen die Besucher die Möglichkeit, Konzerte, Ausstellungen und bunte Kunsthandwerkerstände zu besuchen. Besondere Gäste aus Tschechien werden dabei der Cellist Petr Nouzouvsky und der Pianist Libor Nováček mit Stücken von Bach, Becker und Debussy sein. Eine weitere Attraktion ist die Filmvorführung von Lenka Ovčáčková.

„Am Samstag wird der Film mit Lenka Ovčáčková aufgeführt. Dabei spiegelt sie sehr sensibel das Thema Vertreibung und Wiederbesiedlung sowie die jetzige Situation im Grenzgebiet wider. Frau Ovčáčková wird auch selber da sein und eine Einführung zu dem Film geben. Danach besteht die Möglichkeit zur Diskussion. Wir hoffen, dass vielleicht Zuschauer da sind, die die Zeit noch miterlebt haben und etwas von ihrem eigenen Leben schildern können. Das wird Samstag um 14 Uhr sein.“

Böhmen und Bayern-Interessierte, und alle die es noch werden wollen, sind herzlich zu den Bayerisch-Böhmischen Kulturtagen vom 12. bis 15. August auf Schloss Buchenau eingeladen.

„Es ist ein Tribut an die tschechische Neue Welle“

Film Festival frameout  (Foto: Offizielle Facebook-Seite des Festivals)
Das digitale Film Festival frameout in Wien feiert dieses Jahr seinen neunten Geburtstag. Auch tschechische Filme kommen dabei nicht zu kurz. Umrahmt wird das Programm durch die tschechischen Filme „Daisies“ und „Die Liebe einer Blondine“. Martina Theininger ist Leiterin des Festivals:

„Es ist ein Tribut an die tschechische Neue Welle. Der Film ‚Die Liebe einer Blondine‘ hat mich damals, als ich in meinen Teenager-Jahren war, extrem beeindruckt. Vor allem weil die Protagonistin eine junge Frau ist. Diese Liebesgeschichte, der Zugang mit Miloš Forman und auch die wunderschöne Kameraführung von Miroslav Ondříček faszinierten mich sehr. Ich habe den Film danach nie wieder vergessen und wollte ihn nun schon seit längerem auf dem Festival zeigen. Vor allem weil er nicht so oft zu sehen ist und einen bleibenden cineastischen und erzählerischen Wert hat. Es ist ein ganz tolles Erzählkino von Miloš Forman.“

Film „Daisies“ | Foto: Bontonfilm
Inzwischen wurde aus diesem kleinen Festival ein beliebter Ort zum Verweilen. Es werden dieses Jahr an 18. Spieleabenden eine Vielzahl von Filmgenres präsentiert. Zu denen zählen auch die tschechischen Kultklassiker, die nun endlich digitalisiert auf Blu-Ray oder auf DVD mit Untertiteln erhältlich sind.

„Für frameout sind Filme interessant, die irgendwie rebellisch sind und sich in irgendeiner Form abheben. Nicht nur vom Mainstream, sondern auch von der sogenannten Indie-Szene. Wir mögen auch Erzählkino. Dafür muss man schon etwas in der Filmgeschichte zurückgehen, um so ein Juwel zu finden. Folglich sind die beiden Filme „Daisies“ und „Die Liebe einer Blondine“ in der Tschechischen Neuen Wellen solche filmisch-rebellischen Juwelen. In dieser Zeit wurden so viele Bilder verwendet und Miloš Forman war dabei so wegweisend und feinsinnig. Daher haben diese Filme noch immer eine unbedingte Gültigkeit.“

Film „Die Liebe einer Blondine“
Aber auch schon früher wurde gerne aus der tschechischen Filmkiste gegriffen:

„Wir haben schon öfter tschechische Filme gezeigt. In den letzten Jahren hatten wir immer einen europäischen Filmschwerpunkt und daher einige tschechische Filme im Programm gehabt. Tschechien ist auch einfach eine Filmnation und besitzt eine große Tradition in ganz unterschiedlichen Formen im Film.“

Der Film „Die Liebe einer Blondine“ wird am 28.08. um 21 Uhr im Museumsquartier gezeigt und bildet somit das finale Schlusslicht des frameout Festivals.

Autor: Juliane Bloch
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