Alte Schriften in neuen Räumen: Gedenkstätte für nationales Schrifttum wird zum Literaturmuseum

Denkmal für nationales Schrifttum (Památník národního písemnictví), Sitz im Prager Strahov

Fast 70 Jahre lang hatte das Denkmal des nationalen Schrifttums (Památník národního písemnictví) seinen Sitz im Prager Strahov-Kloster. Nun ist es nicht nur umgezogen, sondern hat sich auch einen neuen Namen gegeben.

Das Denkmal des nationalen Schrifttums heißt von nun an „Muzeum literatury“, also Literaturmuseum. Damit bekommt der Umzug eine größere als nur die räumliche Dimension. Direktor Zdeněk Freisleben erläutert, warum die Einrichtung das Strahov-Kloster verlässt:

„Die Räumlichkeiten waren nicht für eine Museumstätigkeit geeignet, das einzige Besondere dort war die historische Bibliothek. Und im Ausland trat die Einrichtung sowieso nicht unter dem Namen ‚Denkmal des nationalen Schrifttums‘, sondern als ‚Museum der tschechischen Literatur‘ auf. Deswegen wurde nun der neue Name gewählt.“

Zu finden sind Museum und Archiv nun in der Petschek-Villa (auf Tschechisch: Petschkova vila). Sie ist eines der drei Anwesen im Prager Stadtteil Bubeneč, die die Industriellenfamilie Petschek Ende der 1920er Jahre errichten ließ. Nicht verwechselt werden sollte der Museumssitz mit der nahegelegenen Villa Otto Petschek (Vila Otto Petschka), die der amerikanischen Botschaft als Residenz dient.

Mit dem Umzug verlässt das tschechische Schriftenarchiv das touristische Zentrum Prags. Dennoch ist Direktor Freisleben zuversichtlich, dass die Menschen künftig ihren Weg auch nach Bubeneč finden:

„Auch das Nationale Technikmuseum liegt nicht unbedingt zentral. Ich denke, dass es immer davon abhängt, in welcher Weise man die Besucher anlockt.“

Verbunden werden könnte der Besuch des Literaturmuseums etwa mit einem Spaziergang durch den Stromovka-Park in direkter Nachbarschaft. In der Villa erwartet das Publikum die Dauerausstellung „Rozečtený svět“ (Angelesene Welt), deren Vernissage am Dienstagabend mit einem Konzert stattfand. Die Exposition erstreckt sich über zehn thematisch gestaltete Räume im Erdgeschoss der Petschek-Villa. Gezeigt werden zahlreiche Archivalien, Handschriften und künstlerische Arbeiten, die aus dem Fonds des Denkmals für nationales Schrifttum stammen. Alena Petruželková war für das museale Konzept verantwortlich:

„In unserer Ausstellung betrachten wir die Literatur aus unterschiedlichen Blickwinkeln. Außerdem wollten wir interessante Originalstücke aus unserer Sammlung präsentieren. Das Wertvollste, was es zu sehen gibt, sind wahrscheinlich die handschriftlichen Notizen von Karel Hynek Mácha zu seinem ‚Mai‘.“

Erste Auflage des Gedichts „Mai“ von 1836

Máchas Dichtung „Mai“ wurde 1836 veröffentlicht. Jüngeren Datums hingegen ist etwa ein ausgestellter Gefängniskassiber des Dichters Jan Zahrádníček. Der führende Vertreter der tschechischen katholischen Poesie wurde 1951 vom kommunistischen Regime wegen „staatsfeindlicher Tätigkeiten“ eingesperrt und starb einige Jahre später an den Folgen der Haft.

Im Obergeschoss der Villa dient die sogenannte Kleine Galerie weiteren Ausstellungen und aktuellen Projekten. Dort werden derzeit die schönsten tschechischen Bücher des Jahres 2021 gezeigt. Raum gibt es ebenfalls für Vorträge, Filmvorführungen oder Kulturveranstaltungen. Das pädagogische Angebot werde sich zudem an kleine Literaturfans wenden, sagt Eliška Boumová von der Abteilung zur Präsentation der Sammlung:

„Es sind Kreativworkshops geplant. Und zur Dauerausstellung gibt es einen Fragebogen, den die Kinder bei ihrem Streifzug durch die Exponate ausfüllen und mit verschiedenen Stempeln versehen lassen können.“

Auch für Schulen bestehen spezielle Angebote, zu denen etwa der Verleih von Wanderausstellungen gehört. In der ersten Etage befindet sich des Weiteren ein Studienraum zur Sichtung der Archivmaterialien, die im Kellergeschoss lagern. Zum Literaturmuseum gehört außerdem ein Café, und zugänglich ist auch der Garten der Petschek-Villa.

Das Literaturmuseum befindet sich in der Straße Pelléova 22 im sechsten Prager Stadtbezirk. Geöffnet ist immer dienstags bis sonntags von 10 bis 18 Uhr. Als Eröffnungsaktion ist der Eintritt noch bis Sonntag dieser Woche kostenlos.

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Autoren: Daniela Honigmann , Josef Kaňka
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