Anthrax-Panik greift auch in Tschechien um sich

Anthrax

Der Milzbranderreger Anthrax hat - leider - alle Chancen, zum Unwort des Jahres aufzusteigen. Denn nicht nur in den Vereinigten Staaten, wo sich die Milzbrandfälle häufen, sondern auch in Europa befasst man sich fieberhaft mit diesem Problem. Die Tschechische Republik macht da keine Ausnahme. Lothar Martin berichtet.

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Postsendungen mit verdächtigem Inhalt machen auch um die Tschechische Republik keinen großen Bogen. In keiner der bisher untersuchten aber hat sich - zum Glück - der Verdacht auf einen bedrohlichen Inhalt von chemischen oder bakteriologischen Stoffen bestätigt. Die Experten der mit der Untersuchung beauftragten tschechischen Atomsicherheitsbehörde in Prag haben aber etwa rund 30 Sendungen derzeit noch vor der Brust und die Ergebnisse deren Analyse werden erst in den nächsten Tagen erwartet. Dies deshalb, weil sich vor allem die Untersuchung auf bakteriologische Stoffe als sehr zeitaufwendig erweist, wie der Sprecher der Behörde, Pavel Pittermann, erklärte: "Bei den biologischen Analysen ist es leicht kompliziert, da wir dort einen längeren Zeitraum für die Bewertung in Kauf nehmen müssen. Und zwar deshalb, weil die Keimzeit der Bakterien in den Schadstoffen unterschiedlich sein kann. Sie bewegt sich zwischen 48 und 72 Stunden, was bedeutet, dass zumindest genau diese Zeit erforderlich ist, um erste konkrete Ergebnisse zu erlangen."

Die Angst vor Anthrax in Tschechien kennt viele Züge. So verursachte eine stehen gelassene Tasche samt Schachtel in der Station Florenc der Prager Metro, dass am Montagabend die Metrozüge in dieser Station keinen Halt einlegten und solange durchfuhren, bis die Polizei Entwarnung gab. Auch in Mähren wurden bisher vier verdächtige Postsendungen von der Polizei sichergestellt. Eine davon war an eine amerikanische Familie adressiert, die in Brno/Brünn lebt. Die Sprecherin der südmährischen Polizeibehörde, Dagmar Bartoníkova, sagte dazu: "In all den Fällen waren die an unsere Bürger adressierten Sendungen aus dem Ausland eingegangen, in einem Fall von einem unbekannten Absender an einen Bürger, der derzeit in Tschechien wohnt, zuvor aber lange Zeit im Ausland lebte. In allen vier Fällen werden die Sendungen gegenwärtig entsprechenden Laboruntersuchungen unterzogen, die Ergebnisse der Analysen sind also noch nicht bekannt."

In all die aufkommenden Diskussionen, Ängste und leichte Panikmache schaltete sich am Montag auch der tschechische Innenminister Stanislav Gross ein. Ihm zufolge unterschätzen die Polizeibeamten ihre Aufgabe des Aufspürens möglicher chemischer oder bakteriologischer Stoffe nicht, sondern widmen den aus dem Ausland eingehenden Postsendungen eine erhöhte Aufmerksamkeit. Doch gleichzeitig appellierte er an die Bevölkerung, nicht in Panikmache zu verfallen: "Wir dürfen nichts unterschätzen, deshalb bemühen wir uns, jeder dieser Sendungen unsere maximale Aufmerksamkeit zu widmen. Gleichzeitig aber möchte ich die Bürger dazu aufrufen, ihre Befürchtungen dem Problem gegenüber nicht zu unterschätzen, auch wenn reale Gründe für diese Befürchtungen z.Z. nicht vorliegen. Wachsamkeit aber muss sein, so dass ich erneut alle Menschen dazu anhalten möchte, die Situation nicht allzu sehr zu unterschätzen."