Arbeitszeit und Verdienst: Studie untersucht Bedingungen für Immigranten

Tschechien als ein klassisches Einwandererland zu bezeichnen, wäre wohl etwas übertrieben. Trotzdem ist die Republik vor allem für Ukrainer, Slowaken und Vietnamesen eine neue Heimat geworden. Am Dienstag wurde eine neue Studie präsentiert, in der die ökonomische Situation der Einwanderer untersucht wurde.

Foto: Kristýna Maková,  Tschechischer Rundfunk
Welche Ausbildung haben hier lebende Ausländer, welcher Arbeit gehen sie nach und wie viel verdienen sie? Das sind einige der Fragen, denen das Soziologische Institut der Akademie der Wissenschaften, gemeinsam mit dem Amt für Statistik der Tschechischen Republik, nachgegangen ist. Als Ausländer wurden alle Menschen gezählt, die nicht tschechische Staatsbürger sind. Insgesamt kommen die Statistiker im Jahr 2010 auf 406.211 Personen. Daniel Chytil vom Amt für Statistik hat die Untersuchung in den Inlandssendungen des Tschechischen Rundfunks vorgestellt:

Illustrationsfoto
„Am meisten leben hier Ukrainer, Slowaken und Vietnamesen. Sie stellen zusammen 60 Prozent aller Ausländer in Tschechien. Gegen Ende des Jahres 2010 waren es rund 125.000 Ukrainer, 72.000 Slowaken und 60.000 Vietnamesen.“

Besonders die Zahl der Vietnamesen ist interessant. Mehr als zwei Drittel haben eine dauerhafte Aufenthaltsgenehmigung im Land, und sie arbeiten am meisten: im Durchschnitt 57 Stunden pro Woche. Vergleicht man die geleistete Arbeitszeit mit dem Nettoverdienst, dann stehen die Einwanderer aus den Nachfolgestaaten des ehemaligen Jugoslawiens am besten da. Sie arbeiten im Schnitt 47 Stunden die Woche und bringen dafür 24.900 Kronen (etwa 1000 Euro) nach Hause – die vietnamesischen Einwanderer schaffen es dagegen nur auf einen Monatsverdienst von 19.000 Kronen (cirka 780 Euro). Die niedrigen Löhne hängen aber nicht unbedingt mit dem Bildungsgrad der Einwanderer zusammen, wie Jana Leontiewa vom Soziologischen Institut erklärt:

Jana Leontiewa
„Leider zeigt sich an den Zahlen, dass die formale Ausbildung, die in den meisten Fällen noch im Herkunftsland erworben wurde, keine Garantie dafür ist, dass ein Immigrant eine höher qualifizierte Tätigkeit ausübt. Das Risiko ist leider sehr groß, dass ein hoch qualifizierter Immigrant sein Potential nicht entfalten kann und in der Tschechischen Republik einer gering qualifizierten Arbeit nachgehen muss.“

Genaue Daten über die Tätigkeit und die Ausbildung von Einwanderern aus Ländern der Europäischen Union gibt die Studie nicht wieder. Durch den freien Arbeitsmarkt innerhalb der EU könne man nur feststellen, wer in Tschechien lebe, aber nicht welcher Arbeit er nachgehe, erklärte Daniel Chytil. Wie sich die Einwandererzahlen in Zukunft entwickeln werden, darauf wollte er sich aber nicht festlegen:

„Da spielen eine Reihe von Faktoren eine Rolle. Derzeit sind wir unter dem europäischen Durchschnitt, was den Zuzug von Ausländern betrifft. Die Einwanderung im Westen erfolgt aber bereits seit langer Zeit, die Anfänge liegen in den 1950er Jahren. Bei uns ist die Zahl der Immigranten von den 1990er Jahren bis 2008 beständig angestiegen, seitdem stagniert sie aber beziehungsweise geht leicht zurück. Die Zahlen aus den vergangenen Jahren lassen eher auf einen weiteren Rückgang schließen, aber die Wirtschaftsentwicklung, Änderungen in der Gesetzgebung und in der Einwanderungspolitik werden dabei eine wichtige Rolle spielen.“