Moderne Sklaverei – 200 Rumänen in Pilsen zur Arbeit gezwungen

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Moderne Sklaverei, dieses Schlagwort geisterte am Wochenende durch die tschechischen Medien. In Plzeň / Pilsen sollen an die 200 Rumänen unter Androhung von Gewalt zur Arbeit gezwungen worden sein. Sie hätten weder ausreichend zu essen noch die versprochene Bezahlung erhalten. Auch ihre Unterbringung sei menschenunwürdig gewesen. Am Freitag alarmierten die Rumänen an die Polizei.

In Pilsen sollen an die 200 Rumänen unter Androhung von Gewalt zur Arbeit gezwungen worden sein  (Foto: ČTK)
Grabkränze für Allerseelen und Dekorationen für die Weihnachtszeit herstellen - seit drei Monaten war das die Arbeit von fast 200 Rumänen in einer Firma in Pilsen. Versprochen hatte man ihnen dafür ein Monatsgehalt von etwa 750 Euro. Erhalten haben sie etwa 20 Euro pro Woche – für zwölf Stunden Arbeit am Tag. In ihrer Unterkunft mussten sich 30 Personen eine Dusche teilen, aus der meist nur kaltes Wasser kam. Wer sich über diese Bedingungen beschwerte, sei von so genannten Bodyguards bedroht worden, berichteten die zum Teil ausgehungerten Rumänen. Am Freitag eskalierte der Streit mit ihren Peinigern. Dabei sei ein 20-Jähriger geschlagen und leicht verletzt worden. Die Rumänen schalteten die Polizei ein:

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„Sie haben den Notruf gewählt und gesagt, dass es zu physischer Gewalt gekommen sei. Zwei von ihnen seien von einer anderen Gruppe an einen unbekannten Ort gebracht worden. Polizisten haben dann drei Ausländer und einen Tschechen verhaftet. Gegen sie wurden Ermittlungen eingeleitet wegen Erpressung, Freiheitsberaubung und versuchter Körperverletzung“, so eine Polizeisprecherin am Samstag.

Die Polizei bat außerdem den Pilsener Magistrat um Hilfe, der die Rückreise der fast 200 Rumänen in ihr Heimatland organisierte. Am Sonntagnachmittag sind sie dort eingetroffen. Die für den Transfer entstandenen Kosten von rund 16.000 Euro trug das Innenministerium.

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„Das Ministerium wird diese Kosten von den für diese Situation Verantwortlichen zurückverlangen“, so ein Sprecher. In Zukunft solle dies in solchen Fällen automatisch ein Gesetz regeln, das derzeit im Abgeordnetenhaus kurz vor der Verabschiedung steht.

Dass ein solches Gesetz gebraucht wird, bekräftigt Petra Kutálková von der gemeinnützigen Organisation La Strada, die gegen Menschenhandel

kämpft:

„Die Rumänen haben keinen Lohn bekommen, und andere machen damit den Reibach. Das kann man durchaus Menschenhandel nennen“, sagt Kutálková. Ein Fall von einem derartigen Ausmaß sei ihr bislang noch nicht untergekommen. Ihre Organisation wisse aber von Hunderten vielleicht sogar Tausenden weiterer Ausländer, die in Tschechien unter ähnlichen Bedingungen litten.

Die Firma in Pilsen, für die die 200 Rumänen arbeiten mussten, gab sich jedoch ahnungslos und wälzte die Schuld auf eine Arbeitsagentur ab. Die habe die Hilfsarbeiter angeheuert. In der betreffenden Agentur war niemand für eine Stellungnahme zu erreichen.